Coronavirus: Dominiert die Brasilien-Variante bald die Schweiz?
Die mutierte Form des Coronavirus B 1.1.7 hat in der Schweiz bereits Schäden angerichtet, nun folgt P.1. Was macht die Variante aus Brasilien gefährlich?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Variante P.1 hat in Brasilien Rekord-Todeszahlen verursacht.
- Möglicherweise schützen die Impfstoffe weniger gut gegen die Mutation.
- Zusätzliche Massnahmen seien nicht auszuschliessen, erklärt Bundesrat Alain Berset.
Eine neue Mutation des Coronavirus hält die Welt in Atem: P.1 – so der wissenschaftliche Name der brasilianischen Variante. Die Mutation hat in Brasilien zu einer beispiellosen Welle geführt – ausgerechnet dort, wo das Coronavirus bereits zuvor wütete.
In der Schweiz blickt man besorgt auf die Entwicklung. Politiker forderten bereits auf Twitter Einschränkungen. Klar ist, dass die Variante bereits vereinzelt in der Schweiz auftauchte. Die grosse Frage ist, ob sie sich verbreitet und wie möglicherweise reagiert werden muss.
Rekord-Todeszahlen in Brasilien – vor allem bei Jungen
Brasilianische Wissenschaftler konnten den Ursprung der Variante in der Amazonas-Metropole Manaus verorten. Dort soll sie erstmals im November vergangenen Jahres aufgetaucht sein.
Seitdem wurden in Brasilien neue Rekord-Todeszahlen gemessen. Dabei verschob sich die Altersverteilung der Todesfälle: Im Vergleich zu früheren Varianten fallen «P.1» vermehrt jüngere Personen zum Opfer.
Nicht nur das: Anscheinend kam es in Manaus zu vielen Reinfektionen. Wie die südafrikanische Variante trägt auch die brasilianische die Veränderung «E484K» in sich. Diese verursacht, dass aufgrund einer vorherigen Infektion gebildete Antikörper weniger gut vor einer erneuten Infektion schützen.
Droht ein erneutes «B 1.1.7»-Szenario?
Der Lockdown-Schock des Januars dürfte vielen geblieben sein: Trotz sinkender Zahlen verschärfte der Bundesrat damals die Massnahmen.
Grund war die Ausbreitung der britischen Variante «B 1.1.7». Diese ist deutlich ansteckender und konnte sich inzwischen in der Schweiz weitgehend durchsetzen.
Die gute Nachricht ist, dass die brasilianische Variante nicht grundsätzlich infektiöser ist, als die britische. Diesbezüglich hat sie gegenüber der vorherrschenden Mutation keinen evolutionären Vorteil und dürfte sie daher weniger schnell verdrängen.
Die schlechte Nachricht: Nicht nur genesene Covid-Patienten haben einen schlechteren Schutz vor der neuen Mutation. Wie gut die verschiedenen Impfstoffe gegen die brasilianische Variante des Coronavirus wirken, ist noch unklar.
Bisher ist P.1 nur «in Einzelfällen» festgestellt worden: Es seien bisher sieben Fälle entdeckt worden, erklärte Patrick Mathys am Point de Presse des BAG vom Dienstag. Am Mittwoch stieg die Zahl auf zwölf. Demgegenüber stehen bisher 13'874 laborbestätigte Fälle der britischen Variante.
Reagiert der Bundesrat mit Verschärfungen?
Durch Band forderten Politiker heute Reaktionen: Alois Gmür (CVP) forderte gegenüber «20 Minuten» den Unterbruch des Flugverkehrs zwischen der Schweiz und Brasilien. Thomas Aeschi (SVP) hält hingegen mehr Tests für das richtige Mittel, um die Mutation des Coronavirus fernzuhalten.
"Brasilien-Variante breitet sich in Deutschland aus": Und wo bleiben die Grenzkontrollen? Ein weiteres Mal verlängert das @BAG_OFSP_UFSP @alain_berset lieber den Lockdown, statt mittels Tests die Mutationen von der Schweiz fernzuhalten.https://t.co/HsumsTQmmE
— Thomas Aeschi (@thomas_aeschi) March 30, 2021
Am Mittwochnachmittag nahm Gesundheitsminister Alain Berset Stellung: «Wir verfolgen die Situation in Brasilien ziemlich besorgt», erklärte er an einer Pressekonferenz. Flüge nach Brasilien gebe es allerdings ohnehin nur in sehr beschränktem Umfang. Zudem müssten Rückkehrer sowohl ein negatives Testergebnis mitbringen, als auch nach der Rückkehr in Quarantäne.
Derzeit sei man also gut aufgestellt, schlussfolgert Berset. Doch der Bundesrat will nicht ausschliessen, dass möglicherweise zusätzliche Massnahmen nötig werden: Als die britische Variante ausbrach, wurde der Flugverkehr nach Grossbritannien unterbrochen. «Das verfolgen wir detailliert», versichert Berset.