Coronavirus: Empörung im Netz nach falschen Angaben vom BAG
Das BAG hat falsche Angaben zu den Orten, wo die meisten Ansteckungen mit dem Coronavirus stattfinden, gemacht. Die Empörung im Netz ist gross.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesamt für Gesundheit hat falsche Zahlen zu Ansteckungsorten kommuniziert.
- Die Gefahr sich im Club anzustecken, ist demnach deutlich kleiner als zuvor angegeben.
- Die Empörung im Netz ist gross. FDP-Mann Wasserfallen überrascht mit einem Vorschlag.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hatte am Freitag erstmals Zahlen zu Corona-Ansteckungsorten veröffentlicht. Dabei hiess es etwa: 41,6 Prozent der bekannten Ansteckungen gingen auf Clubbesuche zurück. Auch Infektionen in einer Bar oder in einem Restaurant waren hoch: 26,8 Prozent.
Nun stellt sich heraus: Stimmt alles gar nicht. Dem BAG ist ein folgenschwerer Fehler unterlaufen. «Die Daten sind einem falschen Ansteckungsort zugeordnet worden», heisst es am Sonntagabend.
Gemäss den korrekten Zahlen geschehen die meisten Übertragungen mit dem Coronavirus demnach im familiären Umfeld (27,2 Prozent). Gefolgt vom Arbeitsplatz (8,7 Prozent). Die Angaben bei Clubbesuchen betragen dagegen lediglich 1,9 Prozent, die bei Bar- oder Restaurantbesuchen nur 1,6 Prozent.
Auf Nachfrage erklärt BAG-Mediensprecher Jonas Montani, es handle sich um einen «technischen Fehler in der Statistik». Die Zahlen wurden den falschen Kategorien zugeordnet.
«Der Fehler wurde am Samstagabend bemerkt und gemeldet.» Man habe dann am Sonntag an der Korrektur gearbeitet und diese am Nachmittag kommuniziert. Es dauerte also über 24 Stunden nach Publikation der Ansteckungsorte, bis der Fehler bemerkt wurde.
Obwohl etwa die Zürcher Clubkommission fast zeitgleich am Freitag ganz andere Zahlen präsentierte: Bei rund 120'000 Besuchern seit Wiedereröffnung der Zürcher Clubs oder Bars seien lediglich 13 Personen infiziert worden.
Christian Wasserfallen will keine Fallzahlen mehr sehen
Es handelt sich nicht um die erste Kommunikationspanne beim BAG im Zusammenhang mit dem Coronavirus. So wurde im Mai eine falsche Zahl an Neuinfektionen gemeldet. Auch beim Hin und Her über die Schutzfunktion der Masken hat man sich in Bern nicht mit Ruhm bekleckert.
Entsprechend wird nun auch bei der jüngsten BAG-Panne Kritik laut. Am Montag Nachmittag äussert sich erst die FDP Schweiz kritisch. Deren Nationalrat Christian Wasserfallen setzt in der Folge noch einen drauf.
Die Zahlen des BAG seien immer mehr mit Vorsicht zu geniessen. Die Schweiz solle deshalb künftig nur noch schwere Erkrankungen und Hospitalisierungen kommunizieren, anstatt tägliche Fallzahlen. Das sei «Stimmungsmache», behauptet der Berner Politiker.
Besonders gross ist dabei der Ärger bei Betroffenen. So schreibt etwa Christoph Ris, Vorstand der Bar- und Clubkommission Bern, auf Twitter: «Mal hurti eine ganze Branche durch den Dreck gezogen. Merci für die Entschuldigung und die Richtigstellung.»
Reaktionen gibt es auch aus der Politik. Grünen-Präsident und Nationalrat Balthasar Glättli schreibt: «Peinlich peinlich....» Und: Er sei froh, habe er sich nicht «aufgrund völlig falsch zugeordneter Zahlen» in eine hitzige inhaltliche Debatte eingemischt.
Eigentlich tue es der Politik ja gut, «evidenzbasiert zu arbeiten», so Glättli weiter. Umso mehr werde es aber «zum echten Problem, wenn Zahlen aus der Bundesverwaltung in relevanten Bereichen immer wieder falsch sind».
Die Zürcher Alt-Nationalrätin Kathy Riklin (CVP) bläst ins selbe Horn. «Was wird uns das BAG morgen erzählen», schreibt sie auf Twitter.
Den Hashtag #BAGate nutzt der Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid für seine Kritik. Er schreibt: «Kaum zu glauben, welche Macht wir diesen Leuten über unser Leben einräumen.»
Coronavirus: Reaktionen von Twitter-Nutzern
Auch unter der BAG-Richtigstellung auf Twitter finden sich zahlreiche kritische Äusserungen. So etwa von @Bieneeeee, die schreibt: «Bei so was darf es einfach keine Fehler geben. Das macht euch unglaubwürdig und ist Futter für alle Kritiker».
Es gibt aber auch Kritik an der Erfassung an sich. Twitter-Nutzer @PavlovReflex findet etwa, dass diese «schlicht unbrauchbar ist». Er verweist darauf, dass über 50 Prozent der Fälle mit dem Coronavirus gar nicht zugeordnet wurden.