Coronavirus: Haben Intensivstationen das Schlimmste überstanden?
Es landen weniger Menschen wegen des Coronavirus auf der IPS. Die Spitäler haben aber keine Zeit zum Durchatmen. Viele Operationen müssen nachgeholt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer Spitäler warnen: Der Druck auf das Personal bleibt weiter hoch.
- Die Belegung der Intensiv-Betten ist schweizweit zwar leicht rückläufig.
- Die Spitäler haben aber mit Ausfällen zu kämpfen, zudem haben sich fällige OPs angestaut.
Während die Fallzahlen derzeit explodieren, werden weniger Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, hospitalisiert. Die Belegung der IPS-Betten ist schweizweit von 78,6 auf 76 Prozent gesunken (Stand Dienstag).
Patrick Mathys vom BAG sagt: «Die Belegung der Intensivpflege-Betten scheint sich zu stabilisieren.»
Haben Intensivstationen das Schlimmste also überstanden?
Nein, heisst es bei den Spitälern.
Keine Erholungs-Phasen in Zürcher Spitälern
Ronald Alder, Stellvertretender Geschäftsleiter des Verband Zürcher Krankenhäuser, sagt zu Nau.ch: «Wir bewegen uns weit weg vom normalen Zustand. Nicht dringliche Operationen müssen weiterhin verschoben werden.»
Das Spital-Personal stehe seit 20 Monaten unter Dauer-Last. Erholungsphasen gäbe es nur wenige. «Wenn die Belastung von Corona-Patienten einmal etwas weniger hoch ist, müssen aufgeschobene Operationen an Nicht-Covid-Patienten nachgeholt werden.»
Alder sieht aber auch eine positive Entwicklung: «Im Vergleich zu letztem Jahr steigen die Hospitalisierungen nicht parallel zu den Fällen. Die Lage ist angespannt, aber stabil. Die Impfung gegen das Coronavirus wirkt – von 55 Corona-Patienten auf der IPS sind 85 Prozent ungeimpft.»
Dreimal geimpfte Personen erlitten nur sehr selten einen schweren Verlauf, der auf der IPS behandelt werden müsse.
Insel Bern: Druck auf Personal wegen Coronavirus nach wie vor «zu hoch»
Beim Insel Spital in Bern ist die Zahl der Corona-Patienten auf der IPS zwar eher rückläufig. Sie machen aber immer noch ein Viertel der Belegung aus. «Der Druck auf das Personal ist sehr hoch oder gar zu hoch», so Mediensprecherin Petra Ming.
Nicht-dringliche Operationen müssen auch in der Insel verschoben werden.
Weit von einem Aufatmen entfernt ist man auch bei der Lindenhofgruppe in Bern. «Im Gegenteil: Auf der IPS sind leicht steigende Zahlen zu verzeichnen», heisst es.
Pfleger-Engpässe im Wallis
Im Spitalzentrum Oberwallis (1300 Mitarbeitende) sind zwar nur 25 Prozent der Intensiv-Betten durch Covid-Patienten belegt (Auslastung 62.5 Prozent).
Aber auch hier ist man nicht weniger angespannt. «Ein wesentlicher Stressfaktor für das Intensiv-Pflegepersonal ist das Aushalten der Ungewissheit, wie sich die Pandemie entwickelt.» Das sagt Kilian Ambord, Direktor Pflege & MTT.
Zudem stelle man vermehrt Ausfälle des Personals aufgrund von Covid-Infektionen fest. «Es entsteht Unsicherheit in der Einsatzplanung.»
Man zittere nun vor Ausfällen. «In den kommenden drei Wochen besteht aufgrund der Omikron-Situation ein massives Risiko eines erhöhten Personalausfalls. Spekulativ erhoffen wir uns, dass für die Intensivpflegestationen das Schlimmste überstanden ist – definitive Gewissheit werden wir Ende Januar haben.»
Alle Personal-Essen in Lausanne abgesagt
In der gleichen Situation befindet sich das Uni-Spital Lausanne: «Nebst viel Müdigkeit gibt es eine grosse Anzahl von Personal-Ausfällen aus verschiedenen Gründen – auch wegen Fällen des Coronavirus.»
An Momente der Entspannung (alle Personal-Essen abgesagt) sei nicht zu denken. «Wenn all diese Massnahmen nicht mehr aktuell sind, kann man vielleicht sagen, dass das Krankenhaus die Krise überwunden hat.»