Coronavirus: Hemmt die Schutzmaske unser Immunsystem?
Das Maske-Tragen schützt vor der Übertragung des Coronavirus. Doch was, wenn wir das Ding ablegen? Ist unser Immunsystem noch intakt? Die Antwort: Ja.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Alltag tragen wir häufig eine Atemschutzmaske und schützen uns so vor dem Coronavirus.
- Verschwörer sprechen von negativen Auswirkungen auf das Immunsystem.
- Aussagekräftige Studien zu den Vorwürfen fehlen, Experten widersprechen.
Wir tragen sie um den Arm, in der Jackentasche oder in einem Zip-Lock-Beutel in der Handtasche – die Maske. Seit knapp einem Jahr ist sie unser ständiger Begleiter im Alltag. Doch was geschieht, wenn wir sie eines Tages weglegen können? Wird unser Immunsystem schwächer, weil wir es jetzt vermehrt vor Viren bewahrt haben?
Reduktion der Tröpfchen
Zuerst müssen wir verstehen, was die Atemschutzmaske genau bewirkt. «Die Maske ist ein Element zur Reduktion von Tröpfchen», erklärt Hansjakob Furrer gegenüber Nau.ch.
Er ist Direktor der Universitätsklinik für Infektiologie am Inselspital in Bern. Somit hat die Maske einen «recht guten, wenn auch nicht hundertprozentigen Schutz».
Damit dieser Schutz maximiert werden kann, ist es wichtig, dass die zusätzlichen Schutzmassnahmen eingehalten werden. Dazu gehören Distanz, Händewaschen und das Vermeiden von grösseren Menschenansammlungen, so Furrer weiter. Und was geschieht, wenn das Coronavirus irgendwann verschwindet?
«Wenn es keine gefährlichen tröpfchenübertragenen Infektionserreger mehr gibt, können wir auch ohne Masken nicht damit infiziert werden. Und wir erkranken auch nicht daran», sagt Furrer. Doch mit der Maske schützen wir uns nicht nur vor dem Coronavirus. Auch die Ansteckungen mit den Grippeviren gingen zurück.
Zu erkennen war dies in Australien. Im dortigen Winter– unserem Sommer – kommt es ebenfalls zu Grippewellen. Diese blieben im Corona-Jahr 2020 allerdings aus, wie Furrer gegenüber Nau.ch bereits vor zwei Wochen erklärte.
Schwächelt unser Immunsystem bald?
Somit ist unser Immunsystem derzeit weniger mit Erregern konfrontiert. Eine Gruppe von US-Forschern geht davon aus, dass unsere Körperabwehr darunter leiden könnte. Mit einer Simulation zeigten sie auf, dass unser Immunsystem in den kommenden Jahren anfälliger sein könnte für Erreger. Diese Ansicht kursiert auch in Verschwörer-Kreisen.
Allerdings räumen die Autoren selbst ein, dass Prognosen zu Grippewellen vor allem aufgrund der Vielfalt dieser Viren problematisch seien. Dies sei tatsächlich ein Schwachpunkt der Studie, sagt der Infektiologe Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg. Gegenüber der Deutschen Nachrichtenagentur wendet er ein, dass sich derartige Dynamiken in mathematischen Modellen kaum erfassen liessen. Die Aussagen der Studie seien spekulativ.
Operationspersonal wäre seit Jahren betroffen
Hansjakob Furrer sieht darin aber keine Gefahr für unsere Abwehr. Eine Schwächung des Immunsystems durch das Tragen von Masken sei ihm nicht bekannt. «Sonst hätte unser Operationspersonal auch ein geschwächtes Immunsystem», veranschaulicht Furrer.
Denn dieses bedient sich seit Jahren täglich der chirurgischen Maske und schützt sich damit vor Erregern. Umgekehrt werden aber auch die Patienten geschützt. Genau so wie im Alltag profitieren beide Träger vom Nutzen der reduzierten Tröpfchenübertragung.
Der Rückgang der Grippefälle sei aber keineswegs erstaunlich, sagt Furrer. «Da Masken das Infektionsrisiko mit Erregern reduzieren, ist es nicht erstaunlich, dass wir weniger Grippefälle sehen.»
Saisonales Comeback auch ohne Coronavirus?
Ob eine saisonale Maskenpflicht im Winter sinnvoll wäre, kann der Direktor der Infektiologie nicht abschliessend beantworten: «Ob ein Maskentragen in der Bevölkerung während der Grippesaison propagiert werden soll, ist eine gesundheitspolitische Frage.» Diese müsste von der Bevölkerung getragen werden.
Nachteile für unser Immunsystem sollte das Tragen einer Maske also nicht haben. Allerdings gibt es dazu bisher noch keine aussagekräftigen Studien. Die Wissenschaft ist sich in einer Sache aber einig: Die Maske schützt gleichzeitig vor der Übertragung wie auch der Infektion mit dem Coronavirus.