Coronavirus: Lage in den Spitälern bleibt trotz Impfung angespannt

Jochen Tempelmann
Jochen Tempelmann

Bern,

Die Impfung gegen das Coronavirus ist da – und damit Aussicht auf Entspannung in den Spitälern. Doch bis es so weit ist, dürfte es noch eine Weile dauern.

Coronavirus Universitätsspitals Lausanne
Ein Patient mit Coronavirus liegt im Spital. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ziel der Impfkampagne ist unter anderem die Entlastung des Gesundheitssystems.
  • Bis jetzt bleibt die Lage in den Spitälern jedoch angespannt.
  • Die lange Dauer der zweiten Welle wird mittlerweile zum Problem.

Immer wieder schlugen die Spitäler in den vergangenen Monaten Alarm: Zu viele Menschen erkranken schwer am Coronavirus, als dass die Spitalkapazitäten im Normalbetrieb genügen, um diese Personen zu behandeln.

Coronavirus Intensivstation Intensivbetten Kapazität
Ein Intensivbett mit Beatmungsgerät. Gibt es mehr Fälle des Coronavirus, können die Spitäler die Kapazität erhöhen – aber nicht beliebig. - Keystone

Der drohende Engpass im Gesundheitssystem ist der Hauptgrund dafür, dass wir nicht ohne Massnahmen auskommen. Die Entlastung des Gesundheitssystems ist folgerichtig eines der wichtigsten Ziele der Impfkampagne. Doch bisher geben die Spitäler keine Entwarnung. Noch nicht.

Lange zweite Welle macht Spitälern zu schaffen

Die Pandemie hat gezeigt, dass der Engpass als Erstes auf den Intensivstationen entsteht. Die Intensivbetten werden zum Nadelöhr: Sind sie voll, können schwerkranke Personen – mit oder ohne Covid-19 – nicht mehr die notwendige Behandlung erhalten. Auf den ersten Blick scheinen die Intensivstationen noch genügend Kapazitäten zu haben:

Coronavirus Intensivstationen Betten
Die Zahl der schweizweiten Intensivbetten seit Ausbruch der zweiten Welle: Der Abwärtstrend der Covid-19-Patienten (blau) ist nur gering. - BAG/Nau.ch

Derzeit sind wie vor dem Ausbruch der zweiten Welle rund dreissig Prozent der Intensivbetten frei. Das ist eigentlich ein normaler Wert. Doch der Blick auf den schweizweiten Wert wird der Situation nicht gerecht.

Denn: Die Zahlen fluktuieren stark in den einzelnen Spitälern, in manchen Kantonen sind noch immer 90 Prozent der Betten ausgelastet.

Erreicht ein Spital die Auslastungsgrenze, müssen Intensivpatienten in andere Spitäler verlegt werden – ein enormer Aufwand. Obwohl es schweizweit immer Kapazitäten gab, kam es lokal immer wieder zu Engpässen, welche schlimmstenfalls Leben kosten.

Mehr Covid-19-Betten auf Kosten anderer Eingriffe

Um die Kapazitäten für Covid-Patienten zu schaffen, mussten die Spitäler erneut alle Register ziehen: Nicht-dringliche Operationen werden noch immer ausgesetzt.

Eine erfolgreiche Strategie: Anfang Oktober waren noch rund 600 der knapp 1000 Betten von Nicht-Covid-Patienten belegt. Solche Belegungen sind auch ohne Pandemie normal.

Coronavirus Intensivstationen Fachkräfte Personalmangel
Fachkräfte auf der Intensivstation des Kantonsspitals Neuenburg. - Keystone

Nach wie vor sind schweizweit rund 300 Intensivbetten von Covid-Patienten belegt. Würden die Spitäler in dieser Situation den Normalbetrieb weiterführen, wären die Spitäler vielerorts am absoluten Limit.

Coronavirus: Lange zweite Welle schafft neue Probleme

«Ja. Nicht-dringliche Eingriffe werden nach wie vor zurückgestellt», bestätigt Petra Ming, Mediensprecherin des Berner Inselspitals, und beschreibt eine erfreuliche Entwicklung: «Auf der Intensivstation sind die Zahlen etwas rückläufig.»

Der Grund dafür: Das Universitätsspital muss nicht mehr so häufig Patienten aufnehmen, «die zum Ausgleich der Belastung von anderen Kantonen übernommen werden». Es zeigt sich eine leichte Entspannung.

Coronavirus Interview Infektiologe Furrer
Ein Corona-Patient des Universitätsspitals Lausanne auf dem Weg zum Rega-Helikopter. Das Berner Inselspital übernahm Patienten aus vollen Spitälern. - Keystone

Gleichzeitig haben die Spitäler jedoch mit neuen Problemen zu kämpfen: Zur Schaffung der Kapazitäten werden seit drei Monaten nicht-dringliche Eingriffe aufgeschoben – viel länger als im Frühlings-Lockdown.

«Die vor einigen Wochen verschobenen, nicht-dringlichen Eingriffe werden teilweise immer dringlicher. Diese Situation ist nicht wünschenswert, aber leider Realität», so Ming.

Entspannung durch die Impfung lässt noch auf sich warten

Egal, wie man es wendet: Die Lage entspannt sich erst, wenn die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen zurückgeht. Zwei Wege führen zu diesem Ziel. Der erste Weg wäre eine deutliche Reduktion der Infektionen – dies scheint derzeit unabsehbar. Der zweite Weg führt über die Impfung.

Coronavirus Schweiz Normalität
Der erste Genfer erhält den Corona-Impfstoff. - Keystone

Lässt sich die Risikogruppe gegen das Coronavirus impfen, wäre bereits ein grosser Teil derer, die derzeit die Intensivbetten belegen, geschützt. Leider wird es bis dahin noch dauern.

Genaue Zahlen, wie viele Menschen bereits geimpft sind, wurden noch nicht erhoben – es sind wohl noch keine 100'000. Das sind – noch – zu wenige, als dass die Zahl der schweren Fälle deutlich sinken würde.

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