Coronavirus: Long-Covid-Patienten können unselbständig werden
Langzeitfolgen des Coronavirus können Betroffene bis zur Unselbständigkeit führen. Nach dem starken Anstieg der Fälle dürfte Long Covid bald präsenter sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Long Covid kann Menschen bis zur Unselbständigkeit führen.
- Laut Dr. Bujan von der Klinik Lengg werden die Langzeitfolgen ein «sehr grosses Thema».
- Symptome können mithilfe einer interdisziplinären Rehabilitation bekämpft werden.
Für viele Menschen ziehen sich die Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus über mehrere Wochen oder gar Monate. Sind nach circa 12 Wochen noch immer Symptome da oder es entstehen gar neue, sind sie von Long Covid betroffen.
Laut Angaben des BAG erscheinen die Langzeitfolgen bei erwachsenen Menschen in satten 20 Prozent der Fälle. In der Schweiz waren dies bis Ende 2021 über 200'000 Menschen – bei noch weniger Neuinfektionen pro Tag als heute.
Dr. med. Bartosz Bujan, Medizinischer Direktor Neurorehabilitation an der Klinik Lengg in Zürich, warnt deshalb: «Long Covid wird in den kommenden Monaten ein sehr grosses Thema.»
Interdisziplinäre «Long Covid Rehabilitation»
Die Klinik Lengg ist eine von schweizweit mehreren, die sich mit Long-Covid-Patienten beschäftigt. Angeboten wird eine interdisziplinäre «Long Covid Rehabilitation».
Diese beinhaltet unter anderem Schmerz-, Sport- und Physiotherapien, kognitives Training und schlafmedizinische Betreuung.
Die Reha werde individuell angepasst. Das oberste Ziel laute, dass die Patienten nach den Folgen des Coronavirus «ins Berufs- und Familienleben zurückkehren können».
Mehr Long-Covid-Fälle?
Dass die Zahl der Long-Covid-Patienten in den nächsten Monaten steigt, ist für den Direktor Neurorehabilitation unumstritten. Es sei aber noch unklar, wie viele Menschen von Omikron betroffen sein werden.
Dennoch würde die Belastung für Betroffene und deren Umfeld meistens noch unterschätzt.
Betroffene plagen verschiedene Symptome gleichzeitig
Wie bei den akuten Folgen nach einer Infektion mit dem Coronavirus unterscheiden sich Symptome und Verläufe auch bei Long Covid. Am häufigsten treten übermässige Müdigkeit und Erschöpfung auf.
Dazu gesellen sich häufig Kopfschmerzen, kognitive Störungen, Kurzatmigkeit, Atembeschwerden und Schlafstörungen. Obwohl die Symptome nur mild ausfallen können, schränkt vor allem die Kombination mehrerer Defizite ein.
Bis zur Unselbständigkeit
In schlimmen Fällen seien Betroffene schliesslich unselbstständig, beschreibt Dr. Bartosz Bujan. «Viele entwickeln daraufhin psychische Probleme wie Ängste oder Depressionen.» In solchen Fällen sei eine psychiatrische Betreuung wichtig.
Gewohnte und weniger anspruchsvolle Tätigkeiten wie das Ausfüllen der Steuererklärung können auf einmal unmöglich sein. Betroffene bräuchten «nach wenigen Minuten der Konzentration eine Pause». Das könne auch bei jüngeren Menschen im Alter von 30 Jahren eintreten.
In der Zürcher Klinik müssen Betroffene an bis zu drei Wochentagen jeweils drei bis vier Therapien absolvieren. Nebenbei soll die Integration in den Alltag erfolgen.
«Vollständige Genesung» bei Grossteil
Es sei zum Glück möglich, «Patienten in die vollständige Selbstständigkeit zurückzubringen», sagt Dr. Bartosz Bujan. «In einem Grossteil der Fälle erreichen wir eine vollständige Genesung.»
Dies erfordere jedoch mehrere Wochen konsequenter Therapie. Erst dann könne die volle Leistungsfähigkeit wieder erreicht werden.