Coronavirus: Macht die indische Variante die 3. Impfung nötig?

Jochen Tempelmann
Jochen Tempelmann

Bern,

Seit Monaten warnen Epidemiologen: Mutationen des Coronavirus können den Impfschutz aushebeln. Die indische Variante zeigt sich resistent, das hat Konsequenzen.

Coronavirus Impfung Schweiz
Eine Frachkraft bereitet eine Spritze mit der Impfung gegen das Coronavirus vor. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Impfung wirkt gegen die indische Variante weniger gut, die britischen Zahlen steigen.
  • Angesichts des schwächeren Schutzes könnte eine dritte Dosis notwendig werden.

Die Infektionszahlen des Coronavirus in der Schweiz sind im Sinkflug. Die Impfquote steigt kontinuierlich. Die Massnahmen werden gelockert – alles sieht nach einem «normalen» Sommer aus.

Das Gleiche dachten sich die Briten. In Grossbritannien ist die Impfkampagne noch weiter fortgeschritten, dennoch steigen die Infektionszahlen wieder. Was bedeutet das für die Schweiz?

Indische Variante setzt sich in Grossbritannien durch

Epidemiologen machen dafür die indische Variante «B1.617» des Coronavirus verantwortlich und haben erste Studien veröffentlicht. Demnach wirkt die Impfung schlechter gegen das neue Virus.

«Die Variante B1.617 ist im Vereinigten Königreich dominant», erklärt ein Wissenschaftler-Team um Emma C. Wall in einer neuen Studie aus London. Das bedeutet, dass die indische Variante für einen stetig wachsenden Anteil des Infektionsgeschehens verantwortlich ist.

Nextstrain Variante Indische Mutation
Der Anteil der verschiedenen Varianten am Infektionsgeschehen in Grossbritannien. «21A» steht für die indische Variante. - Nextstrain.com

Forscher erklären, dass die neue Variante Eigenschaften der britischen und südafrikanischen Variante teilt: Sie ist ähnlich ansteckend wie die britische Variante, die sich aufgrund höherer Infektiosität auch in der Schweiz durchsetzen konnte. Gleichzeitig zeigt sie sich ähnlich resistent gegen Impfungen wie die südafrikanische Variante.

Indische Variante des Coronavirus: Anstieg in der Schweiz?

Beim BAG beobachtet man die neue Variante. Das Bundesamt betonte bislang aber, man wisse noch nicht, ob und wann sich die neue Variante durchsetze. Tatsächlich wird die Variante seit März immer wieder in der Schweiz entdeckt. Gemäss BAG sind es jedoch bis heute nur 0,8 Prozent aller Infektionen, gemäss der Virusvarianten-Überwachung «Nextstrain» sind es 2 Prozent.

Coronavirus Mutation Infektion
Der Anteil der Varianten des Coronavirus am Infektionsgeschehen in der Schweiz. Der Anteil der indischen Variante (rot) beträgt 2 Prozent, die britische Variante (orange) dominiert noch immer.. - Nextstrain.com

Die Gründe hierfür liegen weiter im Dunkeln. Klar ist jedoch, dass in Grossbritannien anders geimpft wird: Viele haben bereits die erste Dosis erhalten, die zweite Dosis wird jedoch bis zu zwölf Wochen später verabreicht. Mit Astrazeneca wird im Vereinigten Königreich ausserdem ein Impfstoff verwendet, der in der Schweiz nicht zum Einsatz kommt.

Schlechterer Schutz: Das sind die Konsequenzen

Besonders Astrazeneca weist gegenüber der neuen Variante des Coronavirus einen schlechteren Schutz auf: Britische Wissenschaftler um Jamie Lopez Bernal kommen zum Schluss, dass die Astrazeneca-Impfung nur in 60 Prozent der Fälle schützt. Doch auch die Pfizer-Impfung habe mit 88 Prozent eine schwächere Schutzwirkung im Vergleich zur Ursprungsvariante (95 Prozent).

Coronavirus Impfung Pfizer Astrazenenca
Fläschchen mit verschiedenen Impfstoffen. Die mRNA-Impfstoffe von Pfizer und Moderna haben sich bisher bewährt. Ein dritter Impftermin ist dennoch nicht ausgeschlossen. - Keystone

Die neue Studie geht noch einen Schritt weiter: Sie kommt zum Schluss, dass der Impfschutz mit wachsendem zeitlichem Abstand sinkt. Wo sich die indische Variante verbreite, sei es wahrscheinlich, dass zumindest die Risikogruppe eine weitere «Booster-Impfung» benötige. Nur so könnte bei Menschen mit einem schwächeren Immunsystem der nach wie vor gute Schutz aufrechterhalten bleiben.

Das BAG schliesse derzeit eine dritte Auffrisch-Dosis im Herbst nicht aus, erklärte Virginie Masserey an der Pressekonferenz vom Dienstag. Dies würde «idealerweise mit modifizierten Impfstoffen» geschehen, so die britische Studie: Werden die Impfstoffe auf die mutierten Spike-Proteine angepasst, könnte der Schutz verbessert werden.

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