Coronavirus: Medikamenten-Handel gerät ausser Kontrolle
Hydroxychloroquin galt als Hoffnungsträger in der Covid-19-Behandlung. Der Einsatz bei Patienten mit dem Coronavirus hat jedoch schwerwiegende Folgen.
Das Wichtigste in Kürze
- Hydroxychloroquin gilt als potenzieller Wirkstoff zur Covid-19-Behandlung.
- Jetzt gehen die Bestände zur Neige – die Folge sind politische Alleingänge.
- Nicht nur Covid-Patienten, auch die bisherigen Empfänger müssen weiter versorgt werden.
Seit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus läuft die Suche nach Heilmitteln auf Hochtouren. Dabei kann nicht überall auf die Ergebnisse der ersten klinischen Studien gewartet werden: Die Politik fordert schnelle Lösungen.
Das Resultat sind vorschnelle Entscheidungen, die das Gleichgewicht auf dem Medizinmarkt stören. Die US-Regierung um Donald Trump hortete umgehend 29 Millionen Dosen des Malaria- und Autoimmunmedikaments Hydroxychloroquin. Mittlerweile warnt das BAG vor Engpässen – dabei bleibt die Wirkung gegen das Coronavirus weiter umstritten.
Hydroxychloroquin: Trotz Zweifeln hohe Nachfrage
Schon früh zeigten erste Laborversuche, dass sich Hydroxychloroquin für die Behandlung von Covid-19 eignen könnte. Seitdem wird das Medikament trotz fehlender Prüfung bei Patienten mit dem Coronavirus eingesetzt.
Mittlerweile regen sich jedoch beträchtliche Zweifel an der Verträglichkeit: Für die Covid-19-Behandlung wird das Medikament hoch dosiert verabreicht. Die Folge sind schwere Nebenwirkungen: Swissmedic warnt vor schweren Herzrhythmusstörungen, «die manchmal tödlich verlaufen».
Insbesondere in Kombination mit anderen möglichen Corona-Medikamenten wie Azithromycin kann die Einnahme fatale Folgen haben.
Privatpersonen importieren illegal Medis gegen Coronavirus
Das Coronavirus hat den internationalen Medikamenten-Handel aus den Bahnen geworfen. Wie Swissmedic-Sprecher Lukas Jaggi auf Anfrage bestätigt, wurden rund ein Dutzend Hydroxychloroquin-Lieferungen aus dem Ausland abgefangen und von Swissmedic geprüft. Dabei handelte es sich um kleinere Importe von Privatpersonen.
Damit machen sich die privaten Käufer unter Umständen strafbar – und begeben sich in eine erhebliche Gefahr: Das rezeptpflichtige Medikament sollte keinesfalls in Eigenregie genommen werden, sondern nur auf Anweisung eines Arztes.
Engpässe: BAG erlässt Versorgungsplan für Hydroxychloroquin
Aufgrund der hohen Nachfrage wird das Medikament inzwischen knapp. Das BAG bestätigt, dass die aktuelle Lage «Versorgungsengpässe und Zugangsschwierigkeiten für Nicht-Covid-Patienten» geführt hat. Daher hat das BAG im Rahmen der Covid-19-Verordnung eine Richtlinie für erlassen. In dieser wird die Vergabe von Hydroxychloroquin so geregelt, um die Entstehung von Engpässen zu verhindern.
In der Krise denken die Politiker vielerorts zuerst ans Inland. Dabei wäre die internationale Zusammenarbeit bei der Medikamentenverteilung essenziell: Hydroxychloroquin wurde vor der Krise nur in geringen Mengen produziert.
Das politische Hickhack um Medikamente trifft die, welche das Medikament am dringendsten benötigen: Die Malaria- und Autoimmun-Patienten, welche bereits vor Corona Hydroxychloroquin benötigten. Während die Schweiz schnell mit Verordnungen reagieren kann, könnten viele Entwicklungsländer in ernste Probleme geraten.
Mittlerweile warnt die WHO, dass Patienten nicht mit Engpässen konfrontiert werden sollten. Schon gar nicht mit solchen, «die durch Lagerhaltung und Verwendung ausserhalb der zugelassenen Indikationen verursacht werden». Damit kritisiert die Weltgesundheitsorganisation auch die Regierung Trump.
Das Hamstern wichtiger Medikamente zeigt ein weiteres Risiko der Coronavirus-Pandemie auf: Durch die Corona-bedingte Ressourcenumverteilung fehlen die Medikamente an anderer Stelle. Damit könnte schlimmstenfalls die Behandlung von Covid-19-Patienten für andere Patienten schädlich sein.