Coronavirus: «Ohne hätten wir kein drittes Kind»
Nadine und Fahrettin Calislar kriegen im Januar ein «Corona-Baby» - ihr drittes Kind. Nach zwei Schicksalsjahren blicken sie voller Zuversicht in die Zukunft.
Das Wichtigste in Kürze
- Familie Calislar erwartet ihr drittes Kind – Corona sei Dank.
- In der Nau.ch-Corona-Serie teilen Menschen ihr Schicksal.
Alle haben im Frühling von ihnen gesprochen. Sie kriegen nun eins – ein sogenanntes Corona-Baby. Nadine (37) und Fahrettin (48) Calislar werden voraussichtlich Anfang Januar zum dritten Mal Eltern. Dass Elena (11) und Amalia (9) noch ein Geschwisterchen bekommen, ist auch dem Coronavirus zu verdanken.
So sehr sich die Familie aus Murten FR auf den Zuwachs freut, so wenig hätten Calislars ihn erwartet. Denn die Familie erlebte bereits ein Jahr vor Corona ihren eigenen Lockdown. Vater Fahrettin musste sich überraschend einer schweren Herzoperation unterziehen.
Der Genesungs-Prozess war langwierig und eine grosse Prüfung für die Familie. Ernährung, Alltag, Rituale – alles mussten sie an die Gesundheit von Fahrettin anpassen.
Doch die Bemühungen trugen Früchte. Heute ist der Journalist kerngesund und rund 30 Kilogramm leichter – bei einem Ausgangsgewicht von 100 Kilo. Eiserne Disziplin bei seinen Walking-Touren und gesunde Ernährung sei Dank.
Seine Frau Nadine hat in der Folge auch 20 Kilo verloren. Doch der Gedanke an ein drittes Kind, der lange in ihren Köpfen herumschwirrte, war damals weit weg.
Im Coronavirus Lockdown entschleunigt
Als der Bundesrat am 16. März 2020 einen Lockdown für die Schweiz verkündete, waren Nadine und Fahrettin Calislar weniger konsterniert als andere. «Die Herz-OP war bereits derart einschneidend für unser Familienleben, das konnte der Corona-Lockdown nicht toppen», so Nadine.
Schon nach zwei Wochen hatte die Familie mit Homeschooling und Homeoffice ihren Rhythmus gefunden. Mutter Nadine konnte als Religionslehrerin keinen Unterricht erteilen – es gab ja lange keinen Präsenzunterricht.
«Es hatte sich eine gute Routine entwickelt. Ich konnte voll und ganz zu den Kindern schauen und ihnen bei den Aufgaben helfen. Auch fielen die abendlichen Verpflichtungen jedes Einzelnen weg», erzählt die reformierte Katechetin.
Sie hätten in ihrer «Bubble» gelebt und seien total entspannt gewesen. Und dann wurde Nadine schwanger. Es sei das entschleunigte Setting gewesen, das ihnen ein drittes Kind geschenkt habe, sind die beiden überzeugt.
«Der Rahmen, den Corona uns gesetzt hat, hat uns das ermöglicht», sagt Fahrettin. Auch für Nadine ist klar. «Ohne Corona hätten wir kein drittes Kind – mit Schule und all den Terminen, dies sonst anstehen.»
Die Freude war gross, erst recht, als sich auch die Coronalage im Sommer entspannte. Doch dann Ende Oktober der nächste Schock: Beide werden positiv auf das Coronavirus getestet und die ganze Familie muss in Isolation. Doch glücklicherweise entwickeln sie nur leichte Symptome, obwohl sie beide als Risikopersonen gelten.
Etwas trübt die Vorfreude
Jetzt an Weihnachten scheinen für die Familie die grössten Hürden überwunden. Allerdings: Die zweite Welle ist für die Spitäler und die Patienten eine Herausforderung. Die Vorgabe, dass Elena und Amalia ihr Geschwisterchen im Spital nicht besuchen dürfen, trübt die Vorfreude.
Rigorose Maskenpflicht, Beschränkungen ausserhalb des Zimmers und allgemeines Besuchsverbot im Spital: Calislars unterstützen die Schutzmassnahmen und haben entschieden, dass sie sich ein Familienzimmer leisten. Damit sich die Mutter nicht zu allein gelassen fühlt während der schwierigen Zeit.
So lange es geht, will Vater Fahrettin an ihrer Seite sein. Beide wollen sich dafür in der Weihnachtszeit quasi in Coronavirus-Quarantäne begeben und Kontakte so weit möglich vermeiden.
«Nicht, dass mir für die Geburt noch irgendein anderes Virus einen Strich durch die Rechnung macht. Und ich nicht dabei sein kann», so Fahrettin. Aber auch von diesem Gedanken will er sich nicht stressen lassen.
«Das Coronavirus hat uns Gelassenheit gelehrt», sagt er. Nadine freut sich: «Wir sehen die Geburt unseres dritten Kindes als Abschluss dieser zwei besonderen Jahre.»