Coronavirus: Selbsttest-Packungsbeilage sorgt für Irritationen

Sven Würgler-1
Sven Würgler-1

Bern,

Seit Mittwoch sind die Selbsttests für das Coronavirus in allen Apotheken verfügbar. Doch nun sorgt der Beipackzettel für Verwirrung.

Coronavirus Selbsttests
Ein Antigen-Selbsttest, wie er auch hierzulande in allen Apotheken erhältlich ist. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit dem 7. April sind in den Schweizer Apotheken die Gratis-Selbsttests erhältlich.
  • Die Angaben auf dem Beipackzettel werfen jedoch Fragen auf.
  • Der Test wurde für symptomatische Personen entwickelt.

Seit Mitte Woche sind sie in allen Apotheken verfügbar: die Antigen-Selbsttests für das Coronavirus. Jede Person in der Schweiz hat pro Monat Anspruch auf maximal fünf kostenlose Tests.

Diese neuen Tests bilden eine wichtige Ergänzung zur Testoffensive des Bundes. Bis zu 40 Prozent der Bevölkerung soll sich wöchentlich testen, so das erklärte Ziel. Mit den Selbsttests können sich nun zusätzlich Einzelpersonen präventiv testen, beispielsweise vor einem Treffen mit Freunden. Damit werden Laborkapazitäten und das medizinische Personal entlastet.

coronavirus test
Der Selbsttest für das Coronavirus kommt mit einem Beipackzettel inklusive Anleitung. - keystone

Doch wie sicher sind diese Tests wirklich? Wer sich in Ruhe den Beipackzettel der Selbsttests zu Gemüte führt, dem dürften sich einige Fragen stellen.

Dort steht nämlich: «Dieser Test dient zum Nachweis des SARS-CoV-2-Virus bei Personen mit Verdacht auf COVID-19.» Heisst: Für Personen mit Symptomen.

Darf der Test also gar nicht präventiv verwendet werden? Nau.ch klärt auf.

Coronavirus-Selbsttest nicht bei Symptomen

Patrick Mathys vom BAG sagte dazu an der Medienkonferenz vom 7. April: «Ich möchte vorausschicken, dass ein Selbsttest grundsätzlich nur von symptomlosen Personen eingesetzt und angewendet werden kann und soll.»

Wer Krankheitssymptome hat, soll einen Antigen-Schnelltest oder einen PCR-Test machen. Die Idee der Selbsttests bleibt also das präventive Testen zu Hause. Doch wieso wird das auf dem Beipackzettel anders dargestellt?

Coronavirus
Bei Symptomen empfiehlt das BAG sofort einen PCR-Test zu machen. - Keystone

Auf Anfrage von Nau.ch sagt ein BAG-Sprecher dazu: «Das ist eine Angabe des Herstellers.» Dieser habe das Recht, so eine Klausel in die Beilage zu schreiben.

Hergestellt werden die Tests vom Basler Pharmariesen Roche. Auf die Angabe angesprochen meint Mediensprecher Patrick Barth: «Der Test wurde ursprünglich für Selbsttesten von symptomatischen Patienten unter medizinischer Aufsicht konzipiert und zugelassen.» Deshalb beziehen sich die Angaben auf dem Beipackzettel auch auf symptomatische Personen.

Wie bitte? Ohne Symptome zu Hause ohne jegliche medizinische Aufsicht macht der Test also gar keinen Sinn?

Barth ergänzt: Die Selbsttests wurden erst danach zum Präventivtest ohne Symptome umfunktioniert. «Die Hometest-Version ist mit einer Sonderzulassung basierend auf diesen Daten als Screeningstandard zugelassen.»

Sensitivität der Coronavirus Selbsttests tiefer als angegeben

Wie gut sind die Selbsttests für die breite Öffentlichkeit nun wirklich? Auch hier hat der Beipackzettel eine Antwort und verweist auf eine deutsche Studie. Laut dieser identifizierte der Test 82.5 Prozent der infizierten Personen korrekt als infiziert, das ist die sogenannte Sensitivität.

Doch die Studie auf dem Beipackzettel hat einen Haken: Sie wurde nur mit symptomatischen Personen durchgeführt. Wer aber Symptome hat, muss sich ja laut BAG einem PCR- oder Schnelltest unterziehen. Die Sensitivität dürfte in der Praxis also tiefer sein als auf dem Beipackzettel angegeben.

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Der Pharmakonzern Roche verkauft den Selbsttest. - Keystone

Wie viel tiefer, verrät der Distributor Roche: «Die Sensitivität des Roche-Antigen-Schnelltests bei asymptomatischen Personen erreicht Werte zwischen 49 und 70 Prozent», so Mediensprecher Patrick Barth. Er verweist dabei auf mehrere externe Studien.

Das BAG schreibt hingegen auf seiner Website, dass die Zuverlässigkeit der Selbsttests bei symptomlosen Personen noch unklar ist. Doch für die neuen Tests wurde extra ein zusätzlicher, etwas niedrigerer Qualitätsstandard eingeführt. Den sogenannten «Screening Standard» erfüllen Tests mit einer Sensitivität von mindestens 80 Prozent und einer Spezifität von mindestens 97 Prozent.

Der Selbsttest erfüllt diese Bedingungen aber nur in der Studie, die ausschliesslich Personen mit Symptomen des Coronavirus getestet hat. Und das entspricht ja nicht dem Anwendungsgebiet. Wieso der Selbsttest dennoch zugelassen ist, bleibt also das grosse Fragezeichen. Auch hier beschwichtigt Roche mit einem entscheidenden Kriterium.

BAG dennoch überzeugt von Selbsttests

«Entscheidender als die Unterscheidung zwischen asymptomatischen und symptomatischen Personen ist die Viruslast der einzelnen Personen», so Barth. Diese könne bei asymptomatischen Personen gleich hoch sein wie bei symptomatischen.

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Die Sensitivität der verschiedenen Tests schematisch dargestellt. - BAG/Screenshot Point de Presse vom 7. April

«Die Sensitivität der Schnelltests ist nicht enorm», sagte auch Patrick Mathys an der letzten Medienkonferenz. Und auch umgekehrt gilt: Ein positiver Selbsttest löst erst mal nur den Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus aus. Deshalb ist es wichtig, zur Kontrolle sofort einen PCR-Test zu machen. Diese sind deutlich exakter.

Wie gross ist Ihr Vertrauen in den Selbsttest?

Die Selbsttests auf das Coronavirus erfüllen ihren Zweck aber dennoch, ist das BAG überzeugt. Bei der Teststrategie gehe es schliesslich darum, zusätzliche ansteckende Personen zu identifizieren. «Darum ist die Anwendung von Selbsttests als ergänzendes Element der Teststrategie zielführend.»

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