Coronavirus: So gefährdet sind die Schweizer Musikfestivals
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen des Coronavirus bangt die Schweiz um ihren Festivalsommer.
- Für die Veranstalter ist die Situation höchst unangenehm, viele Fragen sind offen.
- Es gäbe keinen juristischen Präzedenzfall, sollte der Bund die Open Airs verbieten.
Das Coronavirus hält die Schweiz in Atem. Aber wie lange eigentlich noch? Wird die «besondere Lage» bald zum Normalzustand?
Der Bund verbietet vorerst bis zum 15. März Grossveranstaltungen von mehr als 1000 Personen. So kommt die Frage auf, was eine Verlängerung des Verbots für den Festivalsommer bedeuten könnte.
Veranstalter hoffen
Eines der ersten Festivals in diesem Sommer ist das Open Air St.Gallen ab dem 25. Juni. Die Verantwortlichen wollen positiv bleiben und gehen heute davon aus, dass die Festivals planmässig durchgeführt werden können, wie Mediensprecherin Nora Fuchs erklärt. Man verfolge die aktuelle Lage aber genau und stehe in intensivem Austausch mit Behörden, Verbänden, Partnern und Lieferanten.
Die Fans des Openairs St.Gallen sind anscheinend ebenfalls nicht in Sorge. Bei einer Ticket-Aktion von Aldi Suisse am Donnerstag waren 1000 Viertagespässe innerhalb weniger Stunden weg.
Dennoch verhehlt Nora Fuchs nicht, dass die aktuelle Situation eine grosse Herausforderung für die Branche sei. «Sowohl in operativer wie in finanzieller Hinsicht und natürlich auch in der Verantwortung gegenüber unseren Kundinnen und Kunden», sagt sie.
Juristisches Novum
Das sieht man im Wallis ähnlich: «Eine Absage durch die Behörden wäre ein juristisches Novum in der Schweiz. Es ist rechtlich nicht abgeklärt, was dann passiert» sagt Olivier Imboden vom Open Air Gampel. Ob das Geld für ein Ticket rückerstattet würde, ist also noch völlig offen. Der Bund übernimmt die Kosten jedenfalls nicht, das hat Bundesrat Alain Berset bereits mehrfach betont.
Das Open Air Gampel hat hier einen entscheidenden Vorteil: «Weil unser Festival erst im August stattfindet, können wir zuerst bei der Konkurrenz schauen, wie eine allfällige Absage gehandhabt würde», so Imboden. «Dann würden wir die Situation analysieren und entsprechend reagieren».
Vorverkauf leidet stark
Man spüre die Verunsicherung der Kunden aber insbesondere beim Vorverkauf deutlich. «Unser Vorverkauf ist im Vergleich zum Vorjahr völlig eingebrochen», sagt Imboden.
Persönlich glaubt er, dass sich das Thema bis im Spätsommer dank des hoffentlich wärmeren Wetter erledigt hat. Grundsätzlich würden sie als Veranstalter den Event aber sowieso niemals absagen, schon nur aus haftungstechnischen Gründen. «Das Open Air Gampel findet nur dann nicht statt, wenn der Bund es verbietet. Wir selber wollen es unbedingt durchführen».
Festival-Verband fordert Entschädigung vom Bund
Für den Verband der Konzert-, Show- und Festivalveranstalter SMPA ist das Veranstaltungsverbot ab 1000 Personen, «ohne die Art der Veranstaltung, ihre Zielgruppe, die Verweildauer und das Verhalten der Gäste sowie die Räumlichkeiten zu berücksichtigen, eine unverhältnismässige Massnahme». Dadurch werde die Situation alles andere als beruhigt, der Entscheid komme einem Berufsverbot gleich, so der SMPA in einer Medienmitteilung.
Für den Verband ist im Hinblick auf später stattfindende Events klar: Das Veranstaltungsverbot darf nach dem 15. März nicht verlängert werden, sollte sich die Situation nicht verschärfen. Und der SMPA fordert, «dass der Bund die finanziellen Auswirkungen durch das ausgesprochene Veranstaltungsverbot rasch und unkompliziert über einen Krisenfonds entschädigt».