Ein anonymer Flyer in Berner Briefkästen bezichtigt SRF und Bundesrat der Falschinformation bezüglich des Coronavirus.
Coronavirus Flyer
So sieht der Flyer zum Coronavirus aus, der in einigen Berner Briefkästen war. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Corona-Skeptiker verteilen nach eigenen Angaben 400'000 Flyer.
  • Sie warnen, das Volk solle sich selbst informieren und Bundesrat und SRF nicht vertraue
  • Dabei hantieren die Verfasser selbst mit dubiosen Quellen und Falschinformationen.
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Diese Woche fand ein Teil der Berner einen Flyer mit dem Titel «Verschreckt der Bundesrat und das SRF die Bevölkerung?» im Briefkasten. Der Absender: unbekannt. Allerdings folgt am Ende ein Link zu einem Referendum gegen das Notrecht.

Angeprangert wird im Flyer die tägliche Information über die Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Und danach: «Was uns nicht gesagt wird, ist das Verhältnis der Anzahl durchgeführter Tests zu den positiv getesteten.»

Coronavirus Test
Eine medizinische Angestellte führt einen Corona-Test durch. - Keystone

Das ist jedoch nachweislich falsch. SRF publiziert zwar wie alle anderen Schweizer Medien die neuen Corona-Zahlen täglich. Doch kommuniziert werden neben den Neuinfektionen auch die Anzahl Tests, die Positivitätsrate sowie auch die Anzahl Gesamtinfizierter.

Coronavirus-Berichterstattung soll «angsterzeugend» sein

Es wird danach von «einseitiger Berichterstattung» geschrieben und dass diese «verständlicherweise stark angsterzeugend» sei. Auch der Lockdown habe einen «kollektiven Angstzustand» erzeugt, behaupten die Autoren des Zettels.

Es wird dazu aufgerufen, sich aktiv selber auf Youtube zu informieren. Es folgen Namen von sechs internationalen Ärzten, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus bereits für negative Schlagzeilen gesorgt haben. So zum Beispiel Wolfgang Wodarg.

Wolfgang Wodarg Coronavirus
Wolfgang Wodarg warnt, dem Robert-Koch-Institut aufgrund des Coronavirus nicht alles «einfach so zu glauben». - Youtube

Auf seiner Homepage mahnt der Pneumologe, man solle den Daten des deutschen Robert-Koch-Instituts keinen Glauben schenken. Coronaviren seien schliesslich schon immer mit 5 bis 15 Prozent in unserer Gesellschaft verbreitet gewesen. Auch hier: Das ist eine Fehlinformation. Das neuartige Coronavirus, Sars-CoV-2, wurde erstmals Ende 2019 entdeckt.

Kurz gesagt: Wodarg bezeichnet die Corona-Krise als reine Panikmache. Das Virus sei wohl kaum gefährlicher als eine «normale» Grippe. Dies bestreitet unter anderem Christian Drosten, deutscher Star-Virologe. «Der Verlauf mit diesem neuen Coronavirus ist nicht so harmlos wie mit diesen altbekannten, alteingesessenen Coronaviren.»

Mikrobiologe bezeichnet deutsche Massnahmen als «sinnlos und selbstzerstörerisch»

Ein anderer Name ist derjenige von Sucharit Bhakdi. Er ist Professor für Mikrobiologie an der Universität Mainz (D). In einem Youtube-Video behauptet er, das neue Coronavirus sei keine Bedrohung.

coronavirus Sucharit Bhakdi
Sucharit Bhakdi ist Professor für Mikrobiologie an der Universität Mainz (D). In einem Youtube-Video bezeichnet er das Coronavirus als «kaum gefährlicher als eine Grippe». - Youtube

Ausserdem bezeichnet Bhakdi die Massnahmen der deutschen Regierung darin als «sinnlos und selbstzerstörerisch». Das Virus sei kaum gefährlicher als eine Grippe-Welle.

Doch auch hier: Das ist nachweislich falsch. Laut WHO hat Corona zahlreiche Eigenschaften, die das Virus eindeutig gefährlicher machen als eine Grippe. Dazu gehören die höhere Ansteckungsrate und der höhere Anteil schwerer Krankheitsverläufe.

Vergleich zur saisonalen Grippe unzulässig

Auf dem Flyer werden ausserdem Vergleiche zur saisonalen Influenza gezogen. Und obschon diese in den letzten Jahren mehr Tote als Corona gefordert habe, habe sie nie als Pandemie gegolten.

Was die Corona-Skeptiker hier zu vergessen scheinen: Das Coronavirus hat etlichen Staaten einen totalen Lockdown beschert. Bei der Grippe gab's das noch nie. Ausserdem gibt es gegen die Influenza jährlich eine neue Impfung. An einem Impfstoff gegen das Coronavirus wird noch getüftelt.

Nachtrag:

Bei Nau.ch meldet sich nach der Publikation dieses Artikels Roland Beek, Seilbahnfachmann und Familienvater aus Biel. Er teilt mit, dass er und sein Netzwerk hinter der Flyeraktion stünden.

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