Coronavirus: Virologe mahnt vor Ostern im Tessin zu Regel-Einhaltung
Die Infektionszahlen mit dem Coronavirus sind im Tessin am Steigen. Ein Virologe sieht in Ostertouristen kein Problem – wenn sie die Corona-Regeln einhalten.
Das Wichtigste in Kürze
- Aus wirtschaftlicher Sicht sind die Ostertage für das Tessin extrem wichtig.
- Doch in den letzten zwei Wochen sind die Corona-Infektionszahlen wieder angestiegen.
- Virologe Cerny sieht aber keine Probleme – sofern sich Touristen an die Massnahmen halten.
Vor einem Jahr appellierten Politiker und Verbände aus dem Tessin vor Ostern an die restliche Schweiz, dem Südkanton fernzubleiben. Wegen der verschärften Lage rund um das Coronavirus stand sogar eine Sperre des Gotthard-Tunnels im Raum.
«Die Situation im Tessin ist viel schlimmer als im Rest der Schweiz. Deshalb: Bleibt zu Hause, hier ist alles geschlossen!», sagte etwa der heutige SVP-Präsident Marco Chiesa vor einem Jahr.
Ganz anders ertönt es nun – erneut steht Ostern vor der Tür – aus dem Südkanton. Seit Wochen macht die Kantonsregierung Druck auf den Bundesrat, die Massnahmen zu lockern, um das wichtige Ostergeschäft zu retten. Hingegen drängen die Tessiner darauf, dass die Grenzkontrollen verstärkt werden.
Coronavirus: Tessin erneut Hotspot der Schweiz
Chiesas Aussage hätte allerdings auch aktuell seine Gültigkeit. In den letzten beiden Wochen hat sich die epidemiologische Lage in der Region entscheidend verschlechtert.
Die zweite Woche in Folge liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei über 141 Infektionen pro 100'000 Einwohner. Mit Genf, Waadt und Uri weisen nur drei Kantone für die letzten zwei Wochen höhere Inzidenzen auf. Auch die Zahl der Covid-19-Patienten ist in diesem Zeitraum im Tessin leicht angestiegen.
Cerny: «Bereiten uns auf eine Zunahme der Covid-19-Fälle vor»
«Die Lage ist angespannt», sagt der Tessiner Virologe Andreas Cerny auf Anfrage von Nau.ch. Neben den Infektionszahlen hätten auch die Hospitalisationen wieder etwas zugenommen: «Unser Spital, die Clinica Luganese Moncucco in Lugano, bereitet sich auf eine Zunahme der Covid-19-Fälle vor.» Das gelte auch für das Spital La Carità in Locarno.
«Dies ist bedauerlich, da wir daran waren, den Normalbetrieb wieder aufzunehmen.» Der Bundesrat hat letzte Woche entschieden, die Personenlimite für private Treffen im Innern auf zehn zu erhöhen.
Der Virologe hält das aus epidemiologischer Sicht für «gefährlich»: «Das Zusammensein von Personen, ohne Maske und über längere Zeitabschnitte, birgt ein relevantes Risiko der Virusübertragung – auch im Aussenraum. Es ist eine gute Idee, sich vorher einem Schnelltest zu unterziehen und nicht Personen aus vielen verschiedenen Haushalten zu treffen.»
Todeszahlen wie in der zweiten Welle verhindern
Mit Blick auf Ostern mahnt Cerny zur Vorsicht. Das benachbarte Italien habe einen landesweiten Lockdown über Ostern angeordnet. «Eben genau wegen der Befürchtung, dass eine Öffnung für Ostern die Fallzahlen hochschiessen lässt.»
Dennoch hält er fest: «Wer ins Tessin kommen will und sich an die Vorsichtsmassnahmen hält, sollte keine Probleme haben.» Einiger Tessiner Gemeinden haben zudem vor dem Osteransturm eine Maskentragepflicht im Freien eingeführt.
Dass der Südkanton bei der dritten Welle des Coronavirus erneut ein Vorreiter in der Schweiz ist, glaubt Cerny nicht. Schliesslich würden die Fallzahlen mit dem Coronavirus schweizweit zunehmen, besonders in der Romandie. Eine dritte Welle sei wohl kaum ganz zu verhindern.
«Aber wir können durch unser Verhalten und das Einhalten der Schutzmassnahmen dafür sorgen, dass diese möglichst flach bleibt.» Die Erfahrungen aus der zweiten Welle des Coronavirus im Herbst seien noch sehr präsent: «Die Zahl der Todesfälle war mehr als dreimal höher als in der ersten Welle. Das müssen wir verhindern», sagt Cerny abschliessend.
Tessiner Tourismus-Verband im Zwiespalt
Der Tessiner Tourismus-Verband sendet unterdessen widersprüchliche Botschaften. Einerseits lanciert «Ticino Turismo» pünktlich zum Saisonstart eine Marketingkampagne und wirbt in der Deutschschweiz und Romandie um Gäste.
Andererseits steht auf der Homepage an prominenter Stelle. «Wir freuen uns natürlich, wenn Sie sich für das Tessin als Feriendestination entscheiden. Aber grundsätzlich empfehlen wir im Moment, nicht zu reisen.»