Coronavirus: Wie relevant sind die Fallzahlen noch?

Die Neuinfektionen mit dem Coronavirus klettern in die Höhe – nicht so die Hospitalisierungen. Fachpersonen sind sich uneinig über die Ursachen.

Covid 19 Ausrottung Eliminierung
Die Corona-Fallzahlen in der Schweiz steigen. Die Ausrottung oder Eliminierung des Virus ist laut einer Studie nicht sehr realistisch. - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz infizieren sich wieder mehr Menschen mit dem Coronavirus.
  • GDK-Chef Lukas Engelberger relativiert die Fallzahlen wegen weniger Hospitalisierungen.
  • Biostatistikerin Tanja Stadler hält dagegen und warnt vor einem Verzögerungseffekt.

Die Schweiz wartet sehnsüchtig auf weitere Öffnungen – besonders, seit der Frühling die Menschen nach draussen lockt. Doch die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus steigt seit über einem Monat stetig an. Zwei der fünf Richtwerte (Inzidenz und R-Wert), auf die sich der Bundesrat bei seinen Entscheidungen stützt, hängen direkt davon ab.

Der Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren, Lukas Engelberger, relativierte in einem Interview mit der «Sonntagszeitung» die Aussagekraft der Fallzahlen.

Lukas Engelberger GDK
Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), spricht an einer Medienkonferenz zur Corona-Situation. - Keystone

Wegen der neuen Testoffensive sollte die höhere Zahl der nachgewiesenen Infektionen mit dem Coronavirus nicht so stark bewertet werden. Bei mehr Tests würde ein höherer Anteil der Ansteckungen entdeckt und die Fallzahlen entsprechend steigen.

Fallzahlen steigen – ausser bei Geimpften

Und tatsächlich: Die Intensivbetten sind in der Schweiz weniger ausgelastet – und das trotz steigender entdeckter Ansteckungen mit dem Coronavirus. Sind höhere Fallzahlen also wirklich kein Alarmsignal mehr? Tanja Stadler, Mathematikerin und Biostatistikerin an der ETH Zürich, ordnet die Situation im «10vor10» ein.

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Tanja Stadler ordnet die aktuelle Situation im «10vor10» ein. - SRF (Screenshot)

«Was man in der Tat sagen kann: Die Impfungen wirken», erklärt die Mathematikerin zu Beginn. In der Gruppe, in der viel geimpft würde, also bei über 75-Jährigen, sinken alle Zahlen – inklusive der Hospitalisierungen.

Covid 19
Malta beginnt mit den Auffrischungsimpfungen - Keystone

Die Expertin mahnt jedoch zur Vorsicht. Bei vielen anderen Altersklassen zeichne sich ein gegenteiliger Trend ab: Die Neuinfektionen steigen.

Derzeit würden auch immer mehr Menschen um die 60 hospitalisiert werden. «Und das ist Grund zur Beunruhigung», so Stadler. Das seien genau die Personen, die sich auch vermehrt in den ersten beiden Wellen auf den Intensivstationen befanden.

Coronavirus: Stadler findet Fallzahlen immer noch «zentral»

Aus diesem Grund sieht Stadler die Fallzahlen immer noch als «extrem wichtig und zentral» an. Man dürfe nicht vergessen, dass die Hospitalisierungen den Infektionszahlen nachhinken.

coronavirus triage
Die Intensivstationen der Schweiz gelangen durch das Coronavirus ans Limit. So geht es auch den Ärzten. - Keystone

Auch in Bezug auf die weiteren Kriterien des Bundes seien die Fallzahlen von Bedeutung. Steigen die Neuinfektionen, bedeute dies automatisch einen R-Wert über 1. Die Hospitalisierungen und die Anzahl Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen würden bei höheren Fallzahlen letztendlich auch steigen.

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