Darum müssen Deutschschweizer Bauarbeiter trotz Hitze weiterschuften
Bis zu 37 Grad – im Kanton Genf dürfen schwere Arbeiten nur noch bis 14 Uhr gemacht werden. Deutschschweiz Bauarbeiter müssen hingegen durchschuften.
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen der Hitze hat der Kanton Genf ab 12 Uhr extrem schwere Arbeiten verboten.
- Im Kanton Tessin ist ab 15 Uhr auf allen Baustellen Feierabend.
- Eine nationale Regelung sei laut Baumeisterverband wegen der Topografie nicht sinnvoll.
Die aktuelle Hitzewelle hält noch bis diesen Freitag an. Am Samstag werden die Temperaturen erstmals seit Tagen nicht über 30 Grad steigen. Zuletzt stieg das Thermometer aber jeden Tag weit über 30 Grad.
Deswegen hat das Bauinspektorat des Kantons Genf vorübergehend ab 12 Uhr extrem schwere Arbeiten verboten. Dazu gehört etwa das Arbeiten auf Dächern an der Sonne. Und ab 14 Uhr dürfen Bauarbeiter unter anderem keine Schubkarren mehr stossen.
Bei Verstössen drohen harte Sanktionen: Unternehmen können bis zu fünf Jahre von Vergaben von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden, wie «Schweiz Aktuell» berichtet.
Nationale Lösung «wäre fair»
Im Tessin gilt wie im Kanton Genf wegen der Hitze die Gefahrenstufe 4. Laut dem Gesamtarbeitsvertrag dürfen deswegen dort die Bauarbeiter nur bis 15 Uhr arbeiten. Solche Regeln gibt es in der Deutschschweiz aber nicht.
Dort würden Bauarbeiter das Genfer Modell aber begrüssen: «Die Temperaturen werden im Schatten gemessen. Wir stehen den ganzen Tag in der prallen Sonne. In den letzten zwei Wochen hat es kaum geluftet, wir müssen trotzdem genau gleich weitermachen», sagt eine Strassenbau-Vorarbeiterin in Zürich.
«Wäre natürlich schön, wenn in der ganzen Schweiz das Gleiche gelten würde», sagt ein Zürcher Freileitungsmonteur in der Sendung. «Wir machen die gleiche Arbeit wie die in Genf, deshalb wäre es fair.»
Auch Violeta Ruoss von der Gewerkschaft Unia wäre für eine «nationale Lösung, damit es einheitlich geregelt ist». Die Modelle aus Genf und aus dem Tessin müssten auch in der Deutschschweiz möglich sein.
Seco will keine nationale Lösung
Der Baumeisterverband hingegen steht diesen Modellen und einer nationalen Lösung kritisch gegenüber: «Im Schatten auf einer Höhe von 1500 Metern ist eine komplett andere Situation als auf dem Talgrund auf offener Fläche ohne Schattenmöglichkeiten. Mit einer Regelung wird man dem nicht gerecht», erläutert Verbands-Direktor Bernhard Salzmann.
In topografisch vielfältigeren Kantonen als Genf wäre diese Lösung nicht «realitätsnahe». Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco will keine nationale Lösung. Die Arbeitnehmer seien von Gesetzes wegen jetzt schon geschützt.
Die gesundheitliche Belastung sei nebst von der Temperatur auch von anderen Faktoren abhängig: «Früher Feierabend ab einer bestimmten Temperatur wird diesen weiteren Faktoren nicht gerecht. Das Seco ist daher der Meinung, dass das geltende Recht und dessen Vollzug durch die Kantone und die Suva die aktuelle Situation ausreichend abdeckt.»