Am 24. November stimmt die Schweiz über die einheitliche Finanzierung von Gesundheitsleistungen ab: Gewerkschaft VPOD bekämpft die Vorlage mit einem Referendum.
EFAS Referendum Monismus-Vorlage Gesundheitsfinanzierung
SP-Ständerat und SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard bei der Einreichung der Unterschriften für das Referendum gegen die Vorlage «Einheitliche Finanzierung der Leistungen (Efas)». - keystone

Am 24. November stimmt die Schweiz über die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Gesundheitsleistungen ab. Die Gewerkschaft VPOD bekämpft die Vorlage, die einen Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen darstellt, mit dem Referendum. Das Wichtigste zur Vorlage in Kürze.

Finanzierung

Von der Grundversicherung gedeckte Gesundheitsleistungen werden heute unterschiedlich finanziert, je nachdem, wo sie erbracht werden. Stationäre Leistungen – also wenn der Patient oder die Patientin im Spital übernachtet – bezahlen die Kantone zu 55 Prozent. 45 Prozent übernimmt die Krankenkasse.

Für ambulante Behandlungen – wenn Patienten noch am Tag des Eingriffs nach Hause gehen – kommt alleine die Krankenkasse auf. In der Langzeitpflege wiederum – zum Beispiel in einem Pflegeheim – bezahlen Patienten und Krankenkasse je einen fixen Beitrag an die Pflegekosten. Den Rest tragen je nach Kanton die Kantone und/oder die Wohngemeinde.

Kosten

Die Zahl der ambulanten Behandlungen steigt seit Jahren. Und damit auch die Kosten zulasten der Krankenkassen und Prämienzahler. Die Gesundheitskosten insgesamt steigen ebenfalls.

Gründe sind medizinische Fortschritte und das Altern der Gesellschaft. 2022 betrugen sie 91,5 Milliarden Franken. Ebenfalls von Jahr zu Jahr höher sind die Krankenkassenprämien.

Efas-Vorlage

Die im Dezember 2023 vom Parlament nach jahrelangen Verhandlungen verabschiedete Efas-Vorlage («Einheitliche Finanzierung ambulant und stationär») bringt die Finanzierung aller Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Die Kantone sollen neu für mindestens 26,9 Prozent (nach Abzug von Franchise und Selbstbehalt der Patienten) und die Kassen über die Prämien höchstens für 73,1 Prozent der Kosten aufkommen, ob die Leistung nun ambulant erbracht wird oder stationär.

Umgesetzt werden soll die einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Behandlungen ab 2028. In der Langzeitpflege ab 2032. Die Integration der Langzeitpflege in die Vorlage war im Parlament umstritten.

Zusätzliche Steuerungsmöglichkeiten

Nun steht fest, dass Versicherte weiterhin einen spezifischen Beitrag für Leistungen der Langzeitpflege zahlen müssen, den der Bundesrat festsetzt. Ihr Beitrag darf aber in den ersten Jahren nach der Umstellung nicht höher sein als heute. Pflegeeinrichtungen und Krankenversicherer vereinbaren gemeinsam Tarife.

Weil sie alle Leistungen mitfinanzieren, erhalten die Kantone zusätzliche Steuerungsmöglichkeiten. Sie haben Mitsprache in den Tariforganisationen und können neu nicht nur die Zulassung von Ärzten und Ärztinnen steuern. Sondern auch jene anderer ambulanter Leistungserbringer.

Sparpotenzial bis zu 440 Millionen Franken

Die Befürworterinnen und Befürworter erwarten, dass die Vorlage falsche Anreize beseitigt. Namentlich, weil weniger Menschen stationär ins Spital eintreten müssen respektive alte Menschen später in ein Pflegeheim eintreten. Aus Sicht der Krankenkassen seien Spitalaufenthalte heute attraktiv, weil die Kantone stationäre Behandlungen mitbezahlen.

Gemäss Studie im Auftrag des Bundes von 2022 wird das Sparpotenzial auf bis zu 440 Millionen Franken im Jahr geschätzt. Zudem erwartet die Befürworterseite eine bessere Koordination der Versorgung, vor allem von Chronischkranken.

Gesundheitskosten auf Prämien- und Steuerzahlende verteilt

Die Kantone wünschten den Einbezug der Langzeitpflege in die einheitliche Finanzierung. Die Kassen, die in der Langzeitpflege heute fixe Beiträge leisteten, trügen künftig die Kostenentwicklung in den Heimen mit, schreibt die Konferenz der Kantonsregierungen.

Die Prämienzahler belaste das aber nicht stärker. Dies, weil die Kantone mit ihren Beiträgen ihrerseits das Kostenwachstum im ambulanten Bereich und bei den Medikamenten mittragen würden. Die Vorlage verteilt die Gesundheitskosten ausgewogen auf Prämien- und Steuerzahlende.

Gewerkschaft VPOD Referendum ergriffen

Bundesrat und Parlament unterstützen die Vorlage. Die Ja-Parole haben bisher Mitte-Partei, GLP und EVP beschlossen. Gegen die Efas-Vorlage hat die Gewerkschaft VPOD das Referendum ergriffen. Für ein Nein engagieren sich nun der Gewerkschaftsbund, die Gewerkschaft Unia sowie SP und Grüne.

In ihren Augen ist die von den Krankenkassen und den Bürgerlichen im Parlament durchgesetzte Reform schädlich. Sie argumentieren, der Systemwechsel bringe Verschlechterungen für das Pflegepersonal sowie für die Patientinnen und Patienten, weil sich die Macht zu den Krankenkassen verschiebe und diese den Tarif durchgeben würden. Die Gesundheitsversorgung dürfe aber nicht von den Kassen gesteuert werden, sondern die öffentliche Hand müsse das Steuer in der Hand behalten.

VPOD befürchtet weitere Prämienerhöhungen

Zudem befürchten sie, dass die Prämien weiter steigen. Vor allem der Einbezug der Langzeitpflege würde längerfristig zu einem weiteren Prämienschub führen. Denn dort stiegen wegen der alternden Bevölkerung die Ausgaben besonders stark.

Auch befürchten die Gegner, dass die Kantone die Verantwortung für die Pflege im Heim oder durch die Spitex aufgeben würden. Mit einem Rückzug der Kantone aus der Finanzierungs- und Organisationsverantwortung für Pflegeheime und Spitex würde privaten, gewinnorientierten Akteuren der «rote Teppich» ausgerollt.

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