Die Gen Z fühlt sich reicher als sie ist
Die Hälfte der jungen Menschen glaubt, dass sie den Lebensstandard ihrer Eltern erreichen wird. Für Experte Rüdiger Maas ist diese Vorstellung «falsch».
Das Wichtigste in Kürze
- Junge Menschen müssten für den gleichen Standard doppelt so viel arbeiten wie ihre Eltern.
- Doch die meisten jungen Menschen tun dies nicht, sagt Generationsforscher Rüdiger Maas.
- Überraschend also, das fast die Hälfte glaubt, den gleichen Lebensstandard zu erreichen.
49 Prozent der deutschen Jugend – bestehend aus den Generationen Z und Alpha – glaubt, den Lebensstandard ihrer Eltern zu erreichen oder sogar zu übertreffen. Dies zeigt eine kürzlich durchgeführte repräsentative Online-Befragung des Jugend-Finanzmonitors der Schufa, einem privaten Kreditbüro.
Auch in der Schweiz würde eine solche Studie laut Generationenforscher Rüdiger Maas zu einem ähnlichen Ergebnis führen.
Doch: Das ist eine «falsche Vorstellung», sagt Maas. «Um den gleichen Lebensstandard zu erreichen, müsste die Generation Z theoretisch doppelt so viel arbeiten wie ihre Eltern damals!»
Doch die meisten jungen Menschen tun dies nicht. Viele arbeiten im Gegensatz zu ihren Eltern nicht einmal in einem Vollzeitpensum.
Langfristige Käufe, wie ein Eigenheim oder ein Auto, sind «unglaublich teuer» geworden, so Maas. «Sie sind mit einem normalen Gehalt gar nicht mehr zu stemmen.»
Warum also sind so viele junge Leute hinsichtlich ihrer finanziellen Zukunft so zuversichtlich?
Manche fühlen sich reicher, als sie sind
«Zum einen leben einige von ihnen noch zu Hause», sagt Maas. «Dadurch wird ihre Wahrnehmung dessen verzerrt, was sie sich leisten können. Bleibt Geld für kleinere Anschaffungen wie ein Smartphone, Klamotten oder eine Kurzreise übrig, fühlen sie sich reicher, als sie sind.»
Das gilt auch, wenn Eltern ihren Kindern Geld fürs Studium, die Miete, die Krankenversicherung oder die Steuern geben. «Schliesslich ist der Lebensstandard ein subjektives Konzept», führt Maas aus. «Um sich selbst auf einer Skala einzuordnen, ist ein Referenzpunkt erforderlich. Dieser fehlt in der Studie.»
Die Herausforderung besteht darin, den Generationen Z und Alpha ihre verzerrte Wahrnehmung zu vermitteln. «Dies muss getan werden. Allerdings schrittweise, um sie nicht zu frustrieren», sagt Maas.
«Ich will keinem seine Teilzeit nehmen. Das soll jeder für sich entscheiden», erklärt Maas. «Aber: Ihnen muss bewusst sein, dass man nicht mit weniger Arbeit gleich viel kriegen kann.»
Krisenjahre haben ihre Spuren hinterlassen
Immerhin scheinen manche junge Menschen bereits in der Realität angekommen zu sein – die Krisenjahre haben ihre Spuren hinterlassen. So schreibt die Schufa in ihrem Bericht, dass viele sich seit Corona gezwungen sehen, bei ihren Ausgaben Abstriche zu machen.
«Auch die Aussichten auf eine ausreichende Altersvorsorge bereiten den jungen Menschen Kopfzerbrechen», heisst es. Nur etwa die Hälfte (55 Prozent) ist überzeugt, dass ihr Gehalt dafür ausreichen wird.
Ein Viertel der Befragten gibt an, sich wegen steigenden Preisen weniger leisten zu können. Allein schon im Vergleich zum vergangenen Jahr.
Dies hat Auswirkungen auf ihre Kaufentscheidungen: Sie geben weniger Geld aus oder kaufen günstiger ein. Dies insbesondere bei Freizeitaktivitäten (59 Prozent), Produkten des täglichen Bedarfs (51 Prozent) und Kleidung (47 Prozent).
«44 Prozent befürchten sogar, dass ihnen in Zukunft das Geld für lebensnotwendige Dinge fehlen könnte», gibt die Schufa wieder. «Etwa ein Fünftel (22 Prozent) hat Angst davor, Rechnungen nicht mehr bezahlen zu können oder Schulden machen zu müssen.»
Ein Viertel der Befragten erlebt auch finanzielle Engpässe im Elternhaus. «Besonders betroffen sind die, die selbst Schwierigkeiten haben, mit ihrem zur Verfügung stehenden Geld auszukommen», heisst es.
Ein Befund, der mit Rüdiger Maas' Generationsforschung übereinstimmt. Genauso, wie dass junge Menschen sich trotz aller wirtschaftlicher Belastung nach Leichtigkeit in ihrem Leben sehnen.