Die Pläne des neuen ETH-Ratspräsidenten
Nach rund 19 Jahren verlässt Michael Hengartner die Universität Zürich und wird Präsident des ETH-Rats. Nau hat mit dem scheidenden Uni-Rektor gesprochen.
Das Wichtigste in Kürze
- Michael Hengartner wurde am Mittwoch vom Bundesrat als ETH-Ratspräsident bestätigt.
- Nach 19 Jahren an der Universität Zürich und sechs Jahren als Rektor verlässt er die Uni.
- Es sei an der Zeit, einem Neuen mit neuen Ideen zu übergeben, so Hengartner.
Nun ist klar: Der Rektor der Universität Zürich, Michael Hengartner, wird neuer Präsident des ETH-Rates. Der 53-Jährige tritt damit die Nachfolge von Fritz Schiesser an, der Ende April 2019 sein Amt niederlegte. Der schweiz-kanadische Doppelbürger wird das Amt am 1. Februar übernehmen.
Bildungsminister Guy Parmelin hatte für die Suche nach einem neuen Vorsitzenden eine Findungskommission eingesetzt. Am Mittwoch hatte der Bundesrat den Biochemiker und Molekularbiologe als Nachfolger bestätigt.
Der elfköpfige Rat vertritt den ETH-Bereich gegenüber dem Bund, ist für die Umsetzung der strategischen Ziele des Bundes und für die Zuteilung der Bundesmittel an die Institutionen verantwortlich. Zudem schlägt er dem Bundesrat die Kandidaten für die Präsidien der beiden Eidgenössischen Hochschulen und die Direktionen der Forschungsanstalten (PSI, WSL, Empa und Eawag) vor.
Nau.ch: Sie wurden vom Bundesrat aus einer Gruppe von 29 Kandidaten zum ETH-Ratspräsidenten ernannt. Kommt Ihre Ernennung überraschend?
Michael Hengartner: Es handelte sich um ein normales Ausleseverfahren mit Short-List und Interviews. Ich wusste, dass der Bundesrat am Mittwoch über meine Personalie entscheidet. Wie der Bundesrat am Schluss entscheiden würde, wusste ich natürlich nicht. Aber ich war optimistisch.
Nau.ch: Sie werden nun zum Bindeglied zwischen ETH und dem Bund. Was reizt Sie an dem neuen Posten?
Michael Hengartner: Der ETH-Rat ist gar in zweierlei Hinsicht ein Bindeglied. Einerseits zwischen der Politik, welche die strategischen Ziele vorgibt und die Bundesmittel zuteilt und den Hochschulen und Forschungsanstalten. Andererseits zwischen der Wissenschaft und der Wirtschaft, welche von der Forschung und Ausbildung an den Hochschulen und Forschungsanstalten profitiert. Dieses Zusammenspiel reizt mich sehr.
Ich kenne all diese drei Bereiche, war sechs Jahre Rektor der Uni Zürich und vier Jahre Präsident der Hochschulrektorenkonferenz swissuniversities. Diese Erfahrungen haben den Bundesrat offenbar überzeugt.
Nau.ch: Welche Rolle spielte das Prestige der ETH, sich auf den Posten zu bewerben?
Michael Hengartner: Es hat nichts mit Prestige zu tun. Rankings von Hochschulen sind sowieso heikel.
Der Job an der Universität Zürich hat mich stets begeistert – es ist ein toller Job. Aber wie etwa ein Bundesrat kann man auch diesen Job nicht ewig machen. Und ich stellte mir die Frage, was kommt danach. Der Weg von der Uni-Spitze zum Präsidium des ETH-Rats war für mich der richtige.
Ich werde nun sozusagen vom CEO einer Universität zum Verwaltungsratspräsidenten der beiden ETHs und von vier Forschungsanstalten. Ein sehr interessanter Job, wo ich den Forschungs- und Bildungsplatz Schweiz mitgestalten kann. Zudem werde ich noch enger mit Politik und Wirtschaft zusammenarbeiten können.
Es ist ein «super next Job», der in meine Karriere passt und ich bin überzeugt, dass ich die Fähigkeiten mitbringe, etwas zu bewegen.
Nau.ch: Welche Herausforderungen warten auf Sie?
Michael Hengartner: Das ist schwierig zu sagen, solange ich nicht im Amt bin. Ein Punkt ist sicher die Digitalisierung. Dies ist ein Schwerpunkt, der dem Bundesrat wichtig ist – sicher ein sinnvoller Schwerpunkt. Für mich zentral ist auch die Frage, wie wir die Zusammenarbeit verbessern können, wie wir Mittel effizienter einsetzen und wettbewerbsfähig bleiben. Diese Aufgaben motivieren mich.
Nau.ch: Sie sind bald 19 Jahre an der Uni Zürich tätig, zuerst als Professor, dann als Dekan und seit sechs Jahren als Rektor. Mit welchem Gefühl verlassen Sie die Institution?
Michael Hengartner: Ganz klar mit einem weinenden Auge. Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt. Aber auch mit einem guten Gefühl. Ich habe hier etwas bewegen können und die Uni weitergebracht. Mir gefällt der Spirit hier an der Universität. Doch nun ist es Zeit für eine neue Person mit neuen Ideen.
Ich verlasse die Universität Zürich nur wehmütig, aber ich freue mich auf die neue Herausforderung.
Nau.ch: Auf welches Erreichte sind sie besonders stolz?
Michael Hengartner: Da gibt es unterschiedliche Punkte. Eine wichtige Reorganisation, meines Erachtens, ist dass die nicht-akademischen Mitarbeiter künftig an der Universität auch ein Mitspracherecht haben. Wie auch Forschende, Dozierende und Studierende bringen auch sie die Uni weiter. Erst kürzlich wurde dies vom Kantonsrat bewilligt.
Dann sind dies auch Bauprojekte oder die Erweiterung der Uni-Leitung. Aber ganz besonders sind dies die täglichen kleinen Sachen. Diskussionen mit Kollegen und Studierenden. Es sind solche kleinen Dinge, die man nicht offensichtlich sieht, die besonders Freude machen. Die Vorlesungen vor 600 Studis, die Interaktionen mit den Menschen an der Universität. Solche Sachen werden mir bestimmt fehlen.