Mutter

Dokfilm über den Wald als Rohstofflieferant, Lebensraum und Mutter

Keystone-SDA
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Bern,

Auch in der Schweiz steht der Wald unter grossem Druck. Weshalb ist er für das Leben auf der Erde eigentlich so wichtig? Und wie können wir ihn besser schützen?

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Ein Schweizer Wald. (Symbolbild) - Keystone

In der Dokumentation «Unschätzbare Wälder» geht die Neuenburger Filmemacherin Orane Burri diesen und weiteren Fragen auf anschauliche Weise nach.

Etwa ein Drittel der Schweizer Landfläche ist von Wald bedeckt. Davon hat mindestens die Hälfte eine direkte Schutzwirkung, etwa von Häusern und Strassen vor Lawinen und Steinschlag. Auch ist der Wald Rückzugsraum und Lieferant des nachhaltigen Rohstoffes Holz. Noch wichtiger – vor allem, was die Zukunft anbetrifft – sind aber seine Funktionen als Lebensraum unzähliger Tierarten und als effizienter Speicher von Kohlenstoff.

Doch wie die meisten Wälder steht auch jener in der Schweiz «unter Druck wie noch nie». So stand es erst letzten Monat im alle zehn Jahre veröffentlichten Waldbericht. Die Folgen der Klimaerwärmung – Trockenheit, heftiges Wetter, schädliche Organismen – setzen dem Wald zu. Um ihn zu schützen, und um seine ökologischen wie auch ökonomischen Eigenschaften bewahren zu können, seien demnach Massnahmen nötig.

Der Titel des neuen Films der Neuenburger Regisseurin Orane Burri sagt es deutlich: der Wert des Waldes ist unschätzbar. Und es ist höchste Zeit, sich dessen bewusst zu werden. Dabei geht es dem Wald im Heimatkanton der Filmemacherin noch vergleichsweise gut. Seit 150 Jahren wird dieser nachhaltig bewirtschaftet. Das bedeutet unter anderem, dass ihm nicht mehr entnommen wird, als er zu reproduzieren fähig ist. Und dass den komplexen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Spezies – Baum, Mensch, Tier, Pilz, Mikroorganismen – Rechnung getragen wird.

Trotzdem ist die erste Szene des Films bezeichnend: unter der Rinde eines gerade gefällten Baumes kommen Heerscharen von Borkenkäfern zum Vorschein. Selbst hier, wo dem Wald schon seit dem 19. Jahrhundert grössere Sorge getragen wird als anderswo, ist er krank.

Das Projekt, aus dem schliesslich der Film «Unschätzbare Wälder» geworden ist, hat seinen Ursprung im Botanischen Garten von Neuenburg. Direktor Blaise Mulhauser und dessen Mitarbeiterin Elodie Gaille waren über Burris frühere Filme, zum Beispiel einer engagiert-kritischen Dokumentation über die Gewinnung von Erdgas, auf sie aufmerksam geworden. Man bot ihr ein bescheidenes Budget und freie Hand, in Hinblick auf eine Ausstellung zum Thema «Pflanzen und Wirtschaft» einen Film zu entwickeln.

Der Anfang sei schwierig gewesen, erinnert sich die Regisseurin Orane Burri im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zuerst habe sie nicht einmal gewusst, mit welchem Thema sie sich beschäftigen solle. Eines Nachts habe sie dann plötzlich das Wort «Wälder» in ihrem Inneren auftauchen sehen. Das sei «schon wie ein Moment der Vorsehung» gewesen.

Wald vertikal, Kino horizontal

Also habe sie angefangen, sich mit dem Wald zu beschäftigen. Und rasch gemerkt, dass sie es sich nicht leicht gemacht hatte. Etwa, weil der Wald vertikal ist, während das Kino in der Horizontale stattfinde. «Es ist fast unmöglich, im Wald einen Baum zu filmen. Steht man direkt davor, muss die Kamera einen langen Schwenk nach oben machen. Aber wenn man dann so weit zurücktritt, dass man ihn ganz sieht, ist er als einzelner Baum verschwunden.»

Doch Burri liess sich nicht beirren, wie sie sagt. Sie verbrachte zahlreiche Stunden im Wald, experimentierte mit der Kamera, setzte sich ihm aus. Das hatte Folgen: «Ich glaube, dass meine Beschäftigung mit dem Wald mein Verhältnis zu allem Lebendigen grundlegend verändert hat», gibt die Regisseurin fast etwas mystizistisch zu Protokoll.

Und auch die Vorsehung scheint sich kooperativ verhalten zu haben. Weil sie aus Budgetgründen keine Möglichkeit hatte, weit zu reisen, musste sie eben mit den Wäldern Neuenburgs vorliebnehmen. Um dann erst von deren Pionierfunktion bezüglich Nachhaltigkeit zu erfahren. Auf einem eher langweiligen Infoabend mit den immer gleichen lokalen Figuren tauchte Gregory Tutton auf, den sie erst für einen Wirtschaftslobbyisten gehalten habe. «Das stimmte zwar sogar, aber ganz anders, als ich dachte.»

Tutton entpuppte sich als Vermittler ökologischer Notwendigkeiten gegenüber Wirtschaftsvertretern, der die Probleme von beiden Perspektiven her erklären kann. Dieser habe sie mit all den Experten und Expertinnen in Kontakt bringen können, die jetzt im Film auftreten. Und als sie festgestellt habe, dass dem Film noch eine Perspektive fern von modernen wirtschaftlichen, touristischen und biogeochemischen Überlegungen fehlte – da sei sie auf Facebook prompt auf eine Mitteilung gestossen, in der eine kleine Delegation des Puyanawa-Volkes aus dem Amazonasgebiet ihren Besuch in der Schweiz angekündigt hat.

Deren Worte, als sie dann vor der Kamera stehen, sind deutlicher und eingängiger, als es jedes CO2-Diagramm sein könnte: «Der Wald ist unsere Mutter. Unsere Grundlage. Unser Leben. Der Mensch aber zerstört, zerstört, zerstört. Und wenn die Natur dann rebelliert, fragt er sich: Warum?»*

*Dieser Text von Dominic Schmid, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.

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