E-Bike: Rentner-Aufstand gegen die Fahrprüfung!
Es werden Forderungen laut, dass ältere Menschen einen Kurs ablegen müssen, bevor sie aufs E-Bike steigen dürfen. Viele Rentner halten davon gar nichts.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund prüft, künftig eine Prüfung für E-Biker einzuführen – nach Alterskategorien.
- Von Pro Senectute kommt die Idee, dass ein Kurs für 65-Jährige obligatorisch sein sollte.
- Rentner hegen hingegen einen Verdacht: Wollen die Promotoren bloss Geld verdienen?
560 Schwerverletzte, 23 Tote. Noch nie gab es so viele Unfälle mit dem E-Bike wie im letzten Jahr. Geht man nach den Zahlen des Bundesamtes für Unfallstatistik, sind ältere Menschen besonders gefährdet. (180 Schwerverletzte, 16 Tote bei über 65-Jährigen)
Nun will man handeln. Die Sicherheit soll erhöht werden. Der Bund prüft derzeit, ob ein Fahr-Test oder eine obligatorische Ausbildung sinnvoll wäre. Je nach Alter.
In einem Bericht des «Tagesanzeiger» äussern sich diverse Expertinnen und Experten zur Idee. Eine davon ist Beatrice Steinegger, Fachleiterin Radsport bei «Pro Senectute». Sie fordert strenge Regeln bei älteren Menschen.
«Für über 65-Jährige müsste ein Kurs obligatorisch sein.» Bei freiwilligen Kursen würden sich nämlich genau jene davor drücken, die es am nötigsten hätten. Steinegger, die selbst Fahrlehrerin ist, beobachtet bei ihren Seniorinnen und Senioren auf dem E-Bike: «Wer es nicht richtig gelernt hat, hat das motorisierte Velo nicht im Griff.»
Doch was sagen die Betroffenen selbst? In einer Nau.ch-Umfrage bei zahlreichen Senioren-Vereinen und Vereinigungen schütteln viele den Kopf...
«Wir hegen den Verdacht, dass Promotoren ein Geschäftsfeld sehen»
«Wenn schon ein Obligatorium, dann für jedermann», kontert Thomas Ritschard von «aarsenior». Jedoch fragt er sich, wie man das überprüfen sollte. Soll zum Beispiel eine Person, die jahrelang problemlos gefahren ist, mit 65 plötzlich eine Prüfung ablegen?
«Viel sinnvoller erschiene uns ein Helm-Obligatorium. Das wäre einfach kontrollierbar und würde viele gravierende Verletzungen verhindern», glaubt er.
Das Argument, dass vorwiegend ältere Personen verunfallen, lässt er nicht gelten. «Das hängt damit zusammen, dass vorwiegend dieses Alterssegment ein E-Bike fährt.»
Des Weiteren befürchtet Ritschard, dass die Erfinderinnen und Erfinder des Kurs-Obligatoriums aus Eigeninteresse argumentieren. Denn es gehe ums Geld. «Wir hegen den Verdacht, dass die Promotoren darin ein Geschäftsfeld sehen.»
Rentner fragen sich: Kommt als nächstes das Schwimmbad-Zertifikat?
Man müsse sich ohnehin fragen, wie weit man die persönliche Freiheit einschränken dürfe. Kommt als nächstes ein «obligatorisches Zertifikat für die Skipiste und für das Schwimmbad?» Nicht zu vergessen sei die «riesige Bürokratie», die auf viele Interessierte abschreckend wirken könnte.
Dem schliesst sich auch Erich Helwin, Gruppenleiter der E-Bike-Touren vom «60plus Verein» Riggisberg BE, an. «Im Sinne einer Gesundheitsförderung sollen möglichst viele auf Velo oder E-Bike umsteigen. Staatliche Hürden helfen da sicher nicht. Obligatorische Kurse und allenfalls noch mit einer Prüfung machen gar keinen Sinn.»
In seiner Gruppe seien ganz verschiedene Fahrerinnen und Fahrer aktiv. «Der älteste ist 84 und fährt sehr gut. Wir haben die ganze Saison ohne einen Sturz absolviert.»
Einige Gruppen führen bei Neulingen selbst Tests fürs E-Bike durch
Während Helwin obligatorische Kurse vehement ablehnt, plädiert er dafür, freiwillige Kurse anzubieten. «Für Neueinsteiger macht das sicher Sinn.»
Es gibt aber auch andere Stimmen. «Ein solcher Kurs sollte aus meiner Sicht obligatorisch sein», sagt zum Beispiel Jürg Preisig. Er ist Präsident des Seniorenrates und Vereins 65+ in Münsingen BE.
Und Albert Egli von der Velogruppe Pfäffikon ZH findet die Obligatoriums-Idee ebenfalls gut. Bei seiner Gruppe führe er etwa jedes Jahr einen Sicherheitskurs durch. «Alle Teilnehmer loben das Erlernte, obwohl einige schon lange E-Bike fahren.»
Vor allem aber für schwächere Fahrerinnen und Fahrer sei Unterstützung wichtig. «Momentan mache ich mit Neuinteressierten einen kleinen Test. Das hat sich bewährt.» Er habe auch schon Personen ablehnen müssen, die das Schalten, Bremsen, Nebeneinanderfahren und den Kreisel nicht beherrschten.