ETH Zürich schliesst Studis wegen Spionage-Risiko aus – Nazi-Kritik
Die ETH Zürich hat das Vorgehen bei der Sicherheitsprüfung klarer geregelt. Dafür erntet die Schule Kritik – weil man Personen wegen der Herkunft diskriminiere.
Das Wichtigste in Kürze
- Wegen Sicherheitsregeln erntet die ETH Kritik – es gibt unter anderem Nazi-Vergleiche.
- Studierende werfen der Schule vor, Personen aus bestimmten Ländern auszuschliessen.
- Diese Vorwürfe weist die ETH zurück.
Wo geforscht wird, entsteht im Idealfall neues Wissen oder neue Technologie. Allerdings können diese Erkenntnisse auch missbraucht werden – beispielsweise für militärische Zwecke. Das stellt Hochschulen für Herausforderungen.
Eine davon ist die ETH Zürich. Auch dort werden Technologien entwickelt, die militärisch eingesetzt werden könnten. Deshalb reagiert die Hochschule nun: Wie sie in einer Mitteilung schreibt, wird das Vorgehen für die Sicherheitsprüfung genauer geregelt.
Chinesen sollen bestimmte Studiengänge nicht mehr absolvieren dürfen
Ausschlaggebend, ob jemand Zugang zur ETH erhält, sind vier Kriterien. Wenn mehr als eines erfüllt ist, empfiehlt die Hochschule, die Person abzulehnen.
Wichtig hierbei: Ein einziges Kriterium wie die Herkunft führt nicht automatisch zur Ablehnung. Auch wenn mehrere Kriterien erfüllt sind, wird jede Bewerbung einzeln geprüft. Bereits zugelassene Personen sind zudem ohnehin nicht betroffen. Die Bestimmungen gelten nur für Leute, die neu zugelassen werden wollen.
Der erste Punkt ist «eine Vorbildung an einer Institution mit einem Sicherheitsrisiko». Darunter fallen militärnahe Universitäten, die mit Sanktionen belegt sind. Zweitens stellt sich die Frage, ob das Herkunftsland des Studenten mit Sanktionen belegt ist.
Drittens prüft die ETH, ob eine Finanzierung durch ein Stipendium eines sanktionierten Staates erfolgt. Und viertens wird angeschaut, ob die Person ein heikles Fachgebiet oder einen heiklen Studiengang ausgewählt hat.
Genau dieser Vier-Punkte-Plan stösst bei ETH-Studenten auf Kritik – Nau.ch liegen entsprechende Reaktionen, die in Gruppenchats geteilt wurden, vor.
Beispielsweise teilen die Studenten ein Plakat, auf dem die ETH Zürich mit Nazis verglichen wird. Man beurteile Menschen aufgrund ihrer Herkunft, heisst es. Bestimmten Gruppen werde «der Zugang zur Bildung verwehrt, unabhängig von der individuellen Leistung». Die Ausschlüsse würden dann mit der «Sicherheit» rechtfertigt, so der Vorwurf.
Im Plakat heisst es ebenfalls: «Letzte Woche hat die ETH Zürich entschieden, chinesische Studenten von den meisten Master- und Doktor-Programmen auszuschliessen.» Dazu fragen die Autoren rhetorisch: «Legt die ETH Wert auf Wissenschaft oder Politik?»
Denn: China gilt als mit Sanktionen belegtes Herkunftsland. Das heisst, dass das oben erwähnte zweite Kriterium schon einmal erfüllt ist. Und auch das vierte Kriterium ist automatisch erfüllt, wenn der Chinese beispielsweise einen Mechanical-Engineering-Master machen will.
ETH Zürich kontert: Es gibt keine «harten Ausschlusskriterien»
Gegenüber Nau.ch nimmt die ETH Zürich Stellung zu den Vorwürfen. Bezüglich der Nazi-Parallelen lässt die Medienstelle verlauten: «Diesen geschmacklosen Vergleich weisen wir entschieden zurück.»
Die neuen Regeln sind letztlich als Reaktion auf das sich rasch verändernde geopolitische Umfeld zu verstehen. Die ETH müsse beispielsweise Sanktionen und Exportkontrollregeln einhalten. Verstösse können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Man habe das Vorgehen bei der Sicherheitsprüfung deshalb «genauer geregelt und publiziert». Die Medienstelle betont gleichzeitig, dass die ETH Zürich selbst keine Sanktionen erlasse.
Auch den Vorwurf, dass zum Beispiel alle Chinesen von bestimmten Studiengängen ausgeschlossen sind, weist die ETH zurück: «Das ist schlicht falsch. Es gibt weder harte Ausschlusskriterien noch Automatismen.» Jede Bewerbung werde einzeln geprüft – kein Kriterium führe allein und pauschal zu einer Ablehnung.
Dies deckt sich mit dem Inhalt der oben erwähnten Mitteilung: Die ETH spricht darin von einer Empfehlung. Sprich: Wenn mehr als ein Punkt zutrifft, wird empfohlen, die Bewerbung abzulehnen.
In gewissen Fällen müsse man aber eine Bewerbung aus Sicherheitsüberlegungen schlicht ablehnen. Beispielsweise, wenn Studierende einer sanktionierten und militärnahen Universität einen Master in Cyber Security machen wollen.
Andere Studierende kritisieren Nazi-Vergleich
Auch von Studierenden erhält die ETH indes Unterstützung. Gerade mit dem Nazi-Vergleich können viele nichts anfangen.
Jemand schreibt beispielsweise zynisch in einem Gruppenchat: «Auch wenn es uncool ist, Studenten aufgrund ihrer Ethnie/Nationalität nicht zuzulassen: Sechs Millionen Juden zu töten, nur weil sie Juden sind, ist vielleicht etwas kontroverser.»
Jedenfalls will die ETH Zürich die akademische Freiheit aufrechterhalten, betont sie. «Das bedeutet, dass alle, die zugelassen oder angestellt sind, gleichberechtigt ohne Hürden miteinander forschen, lehren, lernen und arbeiten können.»