Finanz-Chefs tippen trotz Mega-Lohn mit zwei Fingern
Nicht allen liegt das Zehn-Finger-System. Sogar in der Wirtschaftselite finden sich Tipp-Analphabeten – das sorgt für Kopfschütteln.
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Das Wichtigste in Kürze
- Selbst unter hoch bezahlten Kaderleuten aus der Wirtschaft gibt es Zwei-Finger-Tipper.
- Immer wieder mogeln sich Berufsleute trotz mangelnden Fähigkeiten durch.
- Dass sich viele vom Smartphone das Tippen mit zwei Fingern gewohnt sind, hilft auch nicht.
Adela A*. (28) arbeitet in der Finanzbranche in Zürich – wo die Stunden lang sind und die Löhne dafür hoch.
«Schon fast bizarr hoch für das, was ich intern teilweise an Inkompetenz beobachte», plaudert sie bei Nau.ch aus.
Ein Beispiel, das sie beschäftigt: «Ich schätze, mein Chef verdient um die 12'000 Franken im Monat. Kürzlich habe ich ihn beim Schreiben am Laptop beobachtet – und gesehen, dass er mit zwei Fingern tippt!»
«Kann sogar mein Grosi»
A. traut ihren Augen kaum. «Wie kann man sich durch so viele Lohnklassen durchmogeln, ohne Tastaturschreiben zu lernen? Einfach peinlich – das kann sogar mein Grosi!»
Sie gibt zu bedenken: «Stell dir vor, was es das Unternehmen kostet, wenn ein so gut bezahlter Mitarbeiter für jedes E-Mail so lange braucht.»
Was A. in ihrem Büro beobachtet, ist kein Einzelfall.
Andreas Bühler von der Genossenschaft Migros Ostschweiz, die in der Klubschule Tastatur-Schreib-Kurse anbietet, sagt zu Nau.ch: «Es kommt vor, dass Kursteilnehmende seit Jahren täglich beruflich auf Tastaturen schreiben, aber bislang mit zwei Fingern getippt haben.»
Oft sei es auch so, dass die Anforderungen gestiegen sind – «und die Effizienz eine Verbesserung der Fertigkeiten verlangt.»
Viele mogeln sich ohne nötige Fähigkeiten durchs Berufsleben
Vom Berufseinsteiger bis zum sogenannten «Best Ager» (um 50 Jahre) seien unter den Kurs-Teilnehmenden alle Altersgruppen vertreten.
«Es ist sicher auch der Fall, dass sich darunter Berufsleute in hohen Positionen befinden, die sehr viel verdienen.»
Dass sich einige so lange ohne nötige Fähigkeiten durchmogeln können, «ist kein Phänomen, das nur das Tastaturschreiben betrifft», sagt Bühler.
«Das ist ebenso in Sprache, Grammatik und auch Informatik allgemein feststellbar.»
Was die Klubschule zudem bemerkt: «Das Zwei-Finger-Tippen an Mobile und Tablet fördert die Fähigkeiten im Tastaturschreiben nicht. Im Berufsleben sind diese Fähigkeiten aber nach wie vor gefragt.»
Für den Chef von Adela A. und alle anderen Zehn-Finger-Analphabeten gibt es jedoch auch gute Neuigkeiten: Eine finnische Studie zeigte 2016, dass Personen, die sich ein eigenes System aneignen, teils genauso schnell tippen wie Zehn-Finger-System-Profis.
*Name von der Redaktion geändert