Von ihrem Mann betäubt, wurde Gisèle Pelicot von über 80 Männern vergewaltigt. Für viele schockierend: Die Täter sind ganz normale Männer aus der Nachbarschaft.
Giséle Pelicot.
Trug ihren Fall bewusst an die Öffentlichkeit: Gisèle Pelicot. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Gisèle Pelicot wurde, von ihrem Ehemann betäubt, von über 80 fremden Männern vergewaltigt.
  • Die Täter: scheinbar normale, bestens in den Alltag integrierte Familienmenschen.
  • Die Banalität des Bösen schockt Frankreich und löst eine Welle der Solidarität aus.
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Der Fall hat weit über Frankreichs Grenzen hinaus erschüttert: Ein Mann betäubte seine Ehefrau über Jahre hinweg und liess sie von insgesamt über 80 Männern vergewaltigen.

Das Opfer, Gisèle Pelicot, erfuhr erst vor zwei Jahren von ihrem Martyrium. Das, nachdem in ihrem Haus per Zufall Tausende Fotos und Videos gefunden wurden, die zeigen, wie sie missbraucht wird.

51 Vergewaltiger vor Gericht

Etwa 200 Mal war Gisèle Pelicot zwischen 2011 und 2020 ohne ihr Wissen vergewaltigt worden, in 92 Fällen von Fremden. Die Ermittler identifizierten 51 von ihnen, die sich nun neben dem Hauptangeklagten – dem Ehemann – vor Gericht verantworten müssen.

Hast du den Prozess im «Fall Pelicot» mitverfolgt?

Nun wurden neue Details zu den Männern bekannt: Sie sind zwischen 21 und 72 Jahre alt, stammten aus Mazan oder der näheren Umgebung. Darunter zwei Feuerwehrmänner, ein Elektriker, ein Gärtner oder ein Journalist. Viele sind Familienväter und Ehemänner.

Sprich: gewöhnliche Männer. Nur drei, die im Haus auftauchten, lehnten das Angebot ab, Gisèle Pelicot zu vergewaltigen. Kein einziger ging zur Polizei.

Familienmenschen und Ehemänner

Immer wieder werden die Angeklagten vor Gericht als Familienmenschen beschrieben. Wie der 44-jährige Lionel Rodriguez: Er wurde vor Gericht als «aufrecht und ehrlich, als liebevoller Ehemann und Vater» beschrieben.

«Es zerschlägt den Mythos, dass Vergewaltiger Monster sind, die in einer anderen Welt leben», sagt Blandine Deverlange der «Daily Mail». Die 56-jährige Lehrerin aus der Region verfolgt den Prozess mit einer wachsenden Anzahl von weiteren Frauen vor Ort mit.

«Die Täter sind ‹nette Kerle›, die hier unter uns leben», weiss Deverlange. Und genau diese Erkenntnis erschüttert die Menschen in Frankreich – zu welchen Gräueltaten scheinbar normale Typen imstande sind.

Beobachterinnen «traumatisiert»

«Wir sind traumatisiert», sagt etwa die 48-jährige Prozess-Beobachterin Fanny Foures. «Jeder spricht darüber. Es fühlt sich an, als gäbe es kein normales Leben mehr, nur noch Vergewaltigung und Gewalt. Nur 51 wurden angeklagt: Wo sind die anderen Männer?»

Gisèle Pelicot
Gisèle Pelicot löst in Frankreich eine Welle der Solidarität unter Frauen aus.
Frauen
Was die Beobachterinnen des Prozesses schockiert: Viele der Angeklagten galten als bestens in die Gemeinschaft integrierte «nette Kerle».
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«Es zerschlägt den Mythos, dass Vergewaltiger Monster sind, die in einer anderen Welt leben», sagt eine von ihnen. Skizziert: Gisèle Pelicot und ihr Ex-Mann (rechts), der Angeklagte.
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Pelicot hat den Prozess bewusst an die Öffentlichkeit getragen.
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Sie will aufzeigen, dass auch in der Gemeinschaft integrierte Familienväter, Arbeiter und Ehemänner Vergewaltiger sein können.

«Ich habe Angst», sagt daher Isabelle Boyer, eine weitere Beobachterin des Prozesses. Tausende Frauen sind in Marseille und Paris auf die Strasse gegangen, um ihre Solidarität mit Gisèle Pelicot zu bekunden.

Und das Opfer selbst? Pelicot hat den Prozess bewusst an die Öffentlichkeit getragen. Weil sie aufzeigen will, dass auch in der Gemeinschaft integrierte Familienväter, Arbeiter und Ehemänner Vergewaltiger sein können.

Pelicot wird zum Symbol

Pelicot ist mit ihrem Mut zu einem Symbol der Widerstandskraft geworden. Feministische Gruppen, Aktivistinnen und viele Frauen besuchen den Prozess und unterstützen sie. Was zeigt, wie sehr dieser Fall zu einem Aufschrei gegen die Banalität männlicher Gewalt geworden ist.

Das Unfassbare geht indes weit über Frankreich hinaus. Ehemann Pelicot suchte andere Männer, denen er seine Frau zur Vergewaltigung anbot, über eine Website im Internet. Auf einem Portal, das weltweit über 500'000 Besucher im Monat hat.

Kein einziger, der den Beitrag sah, meldete ihn der Polizei.

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