Gen Z zieht zurück zu Eltern – und spart sich Miete
Junge Erwachsene kehren vermehrt ins Elternhaus zurück. Das hat mit den gestiegenen Lebenskosten zu tun – aber längst nicht nur.
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Das Wichtigste in Kürze
- Sogenannte «Bumerang-Kinder» kehren aus Kostengründen ins Elternhaus zurück.
- Laut Experten nimmt das Phänomen auch im deutschsprachigen Raum zu.
- Auch veränderte Lebensverläufe und die engere Beziehung würden das Phänomen begünstigen.
Das Leben in der Schweiz hat sich in den letzten Jahren merklich verteuert.
Für eine 3-Zimmer-Wohnung in der Stadt Zürich etwa bezahlte man 2022 im Durchschnitt 1470 Franken. 2024 waren es schon 1578 Franken. Ein Anstieg von sieben Prozent.
Im selben Zeitraum kletterte die durchschnittliche Krankenkassenprämie im Kanton von 305 Franken auf 350 Franken. Ein Anstieg von 15 Prozent.
Die gestiegenen Lebenshaltungskosten treffen junge Erwachsene mit ihrem vergleichsweise bescheidenen Einkommen besonders stark.
Viele von ihnen zieht es zudem in städtische Gebiete, wo der Wohnraum zuletzt knapper und teurer wurde.
In Grossbritannien hat dies offenbar zu einer Zunahme sogenannter «Bumerang-Kinder» geführt: Kinder, die nach dem Auszug ins Elternhaus zurückkehren, um Kosten einzusparen. Darüber hat kürzlich die BBC berichtet.
Rückkehr ins traute Heim als «praktische und kostengünstige Lösung»
Gibt es diesen Effekt auch hierzulande?
Fest steht: Junge Erwachsene in der Schweiz verlassen ihr Elternhaus tendenziell später als in früheren Jahren. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik BFS.
So waren 39 Prozent der Frauen mit Jahrgängen 1978 bis 1987 mit 20 Jahren ausgezogen. Bei jenen, die zwischen 1988 und 2002 geboren wurden, lag der Anteil noch bei 26 Prozent.
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Zahlen zu den Bumerang-Kindern gibt es zwar noch keine. Experten gehen jedoch davon aus, dass auch dieses Phänomen zunehmend auftritt.
Patrick Leisibach von der Denkfabrik Avenir Suisse sagt: «Es ist gut vorstellbar, dass auch die Rückkehr ins Elternhaus heute etwas häufiger vorkommt als in früheren Generationen.»
Finanzielle Gründe spielten dabei sicherlich eine Rolle, sagt der Ökonom: «Ein noch entscheidenderer Faktor dürfte jedoch die Veränderung der Lebensverläufe sein.»
Die Übergangsphase zwischen Jugend und Erwachsensein werde heute von anderen Prioritäten geprägt: Die Ausbildung dauere länger, der Einstieg in den Beruf sowie die Familiengründung erfolge später.
Hinzu komme ein stärkeres Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, Reisen und Auslandsaufenthalten.
«In diesem Kontext ist die vorübergehende Rückkehr ins ‹Hotel Mama› eine praktische und kostengünstige Lösung», sagt Leisibach.
«Bumerang-Kinder werden als immer normaler angesehen»
Laut dem deutschen Generationenforscher Rüdiger Maas treibt noch etwas anderes die Generation Z in die heimische Stube zurück: «Wir haben eine sehr enge Bindung zwischen Eltern und Kindern, in einer noch nie dagewesenen Form.»
Das manifestiere sich mitunter darin, dass die Sprösslinge üblicherweise nicht weit von Zuhause wegziehen und etwa in der Nähe studieren.
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Für viele Menschen Mitte, Ende 20 sei es heute «überhaupt kein Problem, wieder ins Elternhaus zu ziehen», sagt Maas.
«Einige freuen sich sogar darauf. Man spart Geld, viele Dinge wie Kochen oder Wäsche waschen werden wieder übernommen.»
Junge machen mit Eltern Ferien
Was ebenfalls in Bild passe: Viele Gen Zs würden mit ihren Eltern Ferien machen, um ihr Portemonnaie zu schonen.
Maas sieht insgesamt eine klare Tendenz hin zu mehr Bumerang-Kindern: «Und ich habe das Gefühl, dass das auch als immer normaler wahrgenommen wird.»
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Auch Leisibach zufolge sind die Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern heute offener und weniger hierarchisch als früher. Das Zusammenleben erinnere zuweilen eher an eine «Wohngemeinschaft», sagt er.
«Diese veränderten Strukturen sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Kinder eine Rückkehr ins Elternhaus überhaupt in Erwägung ziehen.»
Rückkehr kann auch zu Spannungen führen
Die Heimkehr sei eine zweischneidige Angelegenheit, sagt Leisibach. Die gemeinsame Zeit könne zwar die familiäre Bindung stärken und die gegenseitige Unterstützung fördern.
«Unterschiedliche Erwartungen bezüglich Haushalt und Unabhängigkeit können aber auch zu Spannungen führen.»
Dass die Bumerang-Kinder in der Schweiz zu einem Massenphänomen werden, glaubt Leisibach nicht. Im internationalen Vergleich gehe es der Gen-Z wirtschaftlich gut.
«Sofern sich die ökonomischen Bedingungen nicht drastisch verschlechtern, dürfte die Rückkehr ins Elternhaus eine Ausnahme bleiben.»
Bei vielen jungen Erwachsenen stehe nach wie vor der Wunsch nach Unabhängigkeit und einem selbstbestimmten Leben im Vordergrund. Und nicht jener, das Essen und die Wäsche gemacht zu bekommen.