Rücktritt im Sommer: Gerhard Pfister hat die Mitte stabilisiert
Mitte-Präsident Gerhard Pfister, der im Sommer zurücktritt, hat seine Partei in den letzten nationalen Wahlen zu stabilen Wähleranteilen geführt.
Der im Sommer abtretende Mitte-Präsident Gerhard Pfister hat seine Partei in den letzten nationalen Wahlen zu stabilen Wähleranteilen geführt. Unter dem Zuger gelang zuvor auch die strategisch heikle Umbenennung der CVP und die damit einhergehende Fusion mit der damaligen BDP.
Dass er nicht in der Mitte der CVP politisiere, sei ihm bewusst, sagte Pfister 2016 bei der Wahl zum Parteipräsidenten in einem Interview. «Dennoch bin ich überzeugt, dass ich den Ausgleich schaffen kann.» Und der heute 62-Jährige sollte am Ende Recht behalten: Unter der Ägide des am rechten Flügel der Partei politisierenden Pfister gelang es, die Partei zu reformieren.
Der Prozess umfasste unter anderem die Fusion mit der BDP, professionelle Parteistrukturen und den Namenswechsel von «CVP» zu «Die Mitte». Mit der 2022 abgeschlossenen Reform wollte die Partei die zunehmenden Stimmenverluste stoppen. 1995 hielt die CVP 16,8 Prozent Stimmenanteile im Nationalrat, 2019 waren es noch 11,38 Prozent.
Mitte nach Fusion mit BDP bei 14,1 Prozent
Nach der Fusion mit der BDP resultierten 13,8 Prozent. Bei den Wahlen vom Oktober 2023 – den ersten mit dem neuen Namen – holte die Partei zusätzliche Stimmen und steht seither bei rund 14,1 Prozent Wähleranteil. Im Ständerat gewann die Partei zwei Sitze hinzu.
Der in Zug geborene Pfister politisiert seit 2003 im Nationalrat, wo er genau 20 Jahre später als Alterspräsident die neue Legislatur eröffnete. In der grossen Kammer ist Pfister unter anderem Mitglied der Staatspolitischen Kommission und der Aussenpolitischen Kommission. Davor sass er von 1998 bis 2003 im Zuger Kantonsrat, wo er 2001 ein Attentat überlebte. Von 1999 bis 2008 präsidierte er auch die damalige CVP-Kantonalpartei.
Pfister studierte Germanistik und Philosophie und war als Lehrer tätig, unter anderem im familieneigenen Internatsbetrieb, der 2012 seine Tore schloss. Aktuell ist Pfister Verwaltungsratspräsident und -mitglied mehrerer Unternehmen.
Gerhard Pfister vier Jahre als Mitte-Parteipräsident
Zuletzt wurde er, dem auch schon Ambitionen auf einen Bundesratssitz nachgesagt wurden, im Februar 2024 auf der Delegiertenversammlung in Schwyz für vier weitere Jahre als Mitte-Parteipräsident gewählt.
Unter anderem setzte sich Pfister als Parteipräsident für eine Politik des Konsenses und weniger Polarisierung ein. Auch forderte der Zuger angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine eine verstärkte Zusammenarbeit der Schweiz mit der Nato und ein Überdenken der Neutralitätspolitik.
«Unsere pragmatische, teils opportunistische Aussenpolitik funktioniert nicht mehr», sagte Pfister in einem Interview mit den Tamedia-Titeln 2022. Für den Mitte-Chef lässt sich Neutralität nicht durch Adjektive oder Konzepte definieren. «Sondern dadurch, was der Bundesrat im konkreten Konflikt im Landesinteresse tut.»
Erfolg des westlichen Modells beruht auf Rechtsstaatlichkeit
Der Erfolg des westlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells beruhe auf Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit des Privateigentums und sozialer Wohlfahrt. Sollen diese Gesellschaft und Werte erhalten bleiben, müssten sie gegen Angriffe behauptet werden. «Heute wird die Schweiz auch in Kiew verteidigt», zeigte sich Pfister überzeugt.
Trotz seiner pointierten Scharfzüngigkeit fand der abtretende Mitte-Präsident in der politischen Debatte immer wieder auch mässigende Worte. So etwa während der Eröffnung der neuen Legislatur des Bundesparlaments im Dezember 2023, als er mahnte, dass er «Risse in den Palisaden der Selbstverständlichkeiten in der Schweiz» wahrnehme, und dass diese ernst genommen werden sollten.