Schwanden GL: Drohnen-Video zeigt weiteren Murgang
In der Ortschaft Schwanden im Kanton Glarus bleibt die Lage angespannt. Am Mittwochabend kommt erneut Material herunter.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Ortschaft Schwanden im Kanton Glarus ist der Hang abgerutscht.
- Nau.ch hat vor Ort mit Anwohnern gesprochen: «Das ist nicht mehr zu retten.»
- Laut den Behörden sei die Lage weiterhin instabil.
Oberhalb der Ortschaft Schwanden im Kanton Glarus ist es am Dienstagabend gegen 17.30 Uhr bei der Wagenrunse zu einem gewaltigen Erdrutsch gekommen.
Und die Situation beruhigt sich am Mittwoch vorerst nicht: Wie Aufnahmen aus der Luft vom frühen Abend zeigen, kommt weiterhin viel Material herunter.
In einer Medienkonferenz am Mittwoch ab 18 Uhr informiert die Gemeinde über die aktuelle Lage. Wie es heisst, sei die Sperrzone erweitert und personell bewacht worden. 97 Personen seien, wie bereits am Morgen kommuniziert, evakuiert worden – die Zahl hat sich somit nicht verändert. 38 Liegenschaften seien vom Murgang betroffen. Dieser dehne sich weiter aus.
30'000 Kubikmeter Material gekommen
Die ganze Nacht ist es zu Ausbrüchen gekommen. Insgesamt sei zirka 30'000 Kubikmeter Material ausgebrochen. Die sogenannte Insel aus Lockermaterial hat eine Grösse von rund 60'000 Kubikmeter.
Heisst konkret: Man muss davon ausgehen, dass noch mehr Material herunterkommt und noch mehr Gebäude zerstört werden. Eine Sprengung der Insel ist laut den Behörden nicht möglich. Das wäre wegen des vielen Wassers zu gefährlich.
Gegenüber Nau.ch führt Hansruedi Forrer, Gemeindepräsident Glarus Süd aus: «In den letzten Stunden ist nicht viel zusätzliches Material heruntergekommen. Aber es sind permanente Flüsse zu verzeichnen.»
Der Schuttkegel breite sich weiter aus, so Forrer. Prognosen sind derzeit schwierig, so Forrer weiter. «Es ist einfach zu gefährlich, ins Gebiet reinzugehen.» Er bittet darum, dass sich alle ans Zutrittsverbot halten.
Experten sprechen von drei Szenarien
Wie lange die Evakuierung im Erdrutsch-Dorf Schwanden GL andauert ist noch unklar. Experten gehen von drei verschiedenen Szenarien aus, wie die Behörden am Mittwochabend vor den Medien ausführten.
Durchaus denkbar sei ein weiterer grosser Murgang, der weitere Teile des Siedlungsgebietes treffe, erklärte Markus Gächter von der Naturgefahrenkommission der Gemeinde.
Ein weiteres Szenario sind viele kleine Murgänge, die aber dennoch einigen Schaden anrichten.
Am wenigsten Wahrscheinlich sei ein grosser Murgang der bis in den Sernfbach fliesse. Das würde zusätzlich Probleme durch gestautes Wasser verursachen. Ein zeitlicher Horizont für diese Ereignisse und damit für die Dauer der Evakuierung der knapp 100 Personen könne noch nicht genannt werden, sagte Gächter.
Nacht laut Polizei relativ ruhig
Gemäss Aussagen von Anwohnerinnen und Anwohnern vor Ort, rumpelte es auch nach dem Erdrutsch weiter. Demnach wurden mehrere Quellen freigelegt, welche nun den Kegel des Erdrutsches allmählich wegspülten.
Die Nacht ist nach Aussage der Polizei bei instabiler Lage relativ ruhig geblieben. Es könne zu weiteren Erdrutschen kommen, sagte ein Sprecher der Polizei am Mittwochmorgen zu Radio SRF.
Überschwemmung droht, sollten Teile in Fluss geraten
Es gebe immer wieder Nachrutsche, so Stabsoffizier der Kantonspolizei Glarus Richard Schmidt weiter. «Zurzeit überprüfen die Fachkräfte vor Ort, wie gross das Risiko genau ist. Es wird eine Herausforderung sein, den Rutsch so in Schach halten zu können, dass davon keine Teile in den Fluss kommen.» Sonst könnte gar eine Überschwemmung drohen.
Drei Häuser und zwei Scheunen seien durch den Erdrutsch vom Dienstag total zerstört worden. Zudem sei ein Gewerbebetrieb stark beschädigt worden, bilanzierte Schmidt im Gespräch mit SRF. Verletzt wurde niemand.
Schwanden informiert an PK – Lage immer noch kritisch
Am späten Dienstagabend informierte die Gemeinde Glarus Süd an einer Medienkonferenz zum Erdrutsch. Es sei zu einer grossen Evakuation in Schwanden gekommen, hiess es dort von den Verantwortlichen. Mehrere Dutzend Personen mussten evakuiert werden, erklärten die Behördenvertreter.
Bisher seien keine Personenschäden zu melden, auch keine Grosstiere seien betroffen. Drei Objekte haben Totalschaden, weil sie unter der Rutschung begraben wurden. Die Rede ist zudem von rund einem halben Dutzend Häuser, die teilweise begraben oder beschädigt wurden. Die Lage sei immer noch kritisch, hiess es. Die Ortschaft bereite sich auf einen weiteren Murgang vor.
Das Wort «instabil» benutzte Polizeisprecher Richard Schmidt nach der Medienkonferenz im Interview mit Nau.ch, um die Situation zu beschreiben. Gemeindepräsident Hansruedi Forrer zeigte sich überrascht über das Ausmass des Erdrutschs. Wie lange die Situation noch angespannt bleiben wird, dazu konnte er keine Angaben machen.
Auch Hanspeter Speich, Stabschef von Glarus Süd, konnte nicht sagen, wie lange der Einsatz noch dauern werde. «Es ist schwierig zu sagen. Wir sind eigentlich noch am Anfang oder mittendrin. Es kommt darauf an, wie sich die ganze Sache entwickelt.»
Rund 400 Meter breiter Abriss
Die Erd- und Gesteinsmassen erstreckten sich auf einer Länge von 400 Metern den Hand hinunter. Um etwa 19.30 Uhr schoben sich weitere Erdmassen nach. Angaben über das genaue Ausmass der Schäden könnten derzeit noch keine gemacht werden.
Gut ein halbes Dutzend Häuser seien verschüttet oder zerstört, hiess es kurz nach dem Vorfall. Im Einsatz ist der Gemeindeführungsstab der Gemeinde Glarus, verschiedene Feuerwehren sowie Rettungsdienst, Zivilschutz und Kantonspolizei.
Aufnahmen der Polizei und in den sozialen Medien zeigen das immense Ausmass der abgerutschten Massen: Dem Anschein nach wurde auch ein Industriegebiet in Mitleidenschaft gezogen.
Erster Erdrutsch vor einer Woche
Bereits vor einer Woche waren in dem Gebiet grosse Mengen Fels und lockeres Gestein abgerutscht. Als erste Sicherheitsmassnahmen waren damals fünf Haushalte und zwei Gewerbebetriebe evakuiert worden.
Seitdem dürfe das Gebiet nicht betreten werden. Nun sei der Gefahrenradius ausgedehnt worden, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur Keystone-sda.
Die Lage im Erdrutschgebiet von Schwanden hatte sich jüngst wegen der Wetterlage zugespitzt. Das Gebiet war vollständig mit Wasser vollgesogen. Der Boden sei stark aufgeschwemmt.