Gewerkschaft Unia hält nichts von Sticker für Ungeimpfte
Frankreich führt einen Impf-Zwang fürs Pflegepersonal ein, in der Schweiz liebäugeln Politiker mit Ungeimpften-Stickern. Dafür gibt es Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- GLP-Präsident Jürg Grossen schlägt einen Ungeimpften-Sticker fürs Pflegepersonal vor.
- Die Unia hält den Vorschlag für populistisch.
- In Solothurner Spitälern sind 80 Prozent der Angestellten geimpft.
Frankreich ist knallhart. Die Regierung von Emmanuel Macron hat letzte Woche eine Impfpflicht für das Pflegepersonal verhängt. Dafür musste das französische Staatsoberhaupt scharfe Kritik einstecken.
Auch in der Schweiz baut sich Druck auf. GLP-Präsident schlug gestern in der «Sonntags-Zeitung» für Spitäler und Altersheime unterschiedliche Sticker für geimpfte und ungeimpfte Mitarbeitende vor. Dies mache da Sinn, «wo in öffentlichen Einrichtungen Leute betreut werden, die sich anstecken könnten.»
Bei der Gewerkschaft Unia hält man davon nichts. Das sei ein rein populistischer Vorschlag, kommentiert Samuel Burri, Co-Verantwortlicher Pflege: «Eine Kennzeichnung von Ungeimpften wie vorgeschlagen dient in dem Fall einzig der Stigmatisierung von Ungeimpften.»
80 Prozent geimpft
Burri glaubt nicht, dass dadurch die Impfbereitschaft steigen werde. Sowieso beobachtet er beim Pflegepersonal keine grössere Zurückhaltung als in der restlichen Bevölkerung. «Letzten Endes ist auch das Gesundheitspersonal ein Abbild der Gesellschaft mit unterschiedlicher Impfbereitschaft und entsprechenden Ängsten und Überzeugungen.»
Der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen (SBK) und Pflegefachmänner wollte sich zu dem aufkommenden Impf-Druck nicht äussern. Man werde allerdings diese Woche noch kommunizieren, heisst es aus der Verbandszentrale.
Kritisch klingt es dafür bei der Sektion Bern des Schweizer Berufsverbands für Pflegefachpersonal. Geschäftsführerin Flurina Schenk sieht keinen Grund, weshalb bestimmt Berufsgruppen ihren Impfentscheid transparent machen sollen. «Der SBK Bern unterstützt die Impfkampagne des BAG. Der Entscheid über eine Impfung bleibt aber ein persönlicher.»
Die Impfbereitschaft dürfte beim Spitalpersonal überdurchschnittlich hoch sein. So schreiben die Solothurner Spitäler, dass Ende Juni rund 80 Prozent der Ärzte und des Pflegepersonals geimpft waren. Damit wurden die eigens gesteckten Ziele übertroffen.
Während in der Politik noch über Sinn und Unsinn einer Impfpflicht debattiert wird, prescht eine Neuenburger Klinik vor. Das Centre Médical des Cadolles, das im Februar 2022 eröffnet wird, verlangt von Bewerbern ein Impfzertifikat. Wer das nicht vorweisen kann, wird nicht angestellt. Das gilt nicht nur in der Pflege, sondern für das ganze Personal.