Immer mehr Männer lassen sich die Lippen aufspritzen
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Männer lassen sich die Lippen aufspritzen oder andere Eingriffe vornehmen.
- Interessant: Frauen gehen deutlich offener damit um, Männer sprechen weniger darüber.
- Ein Mann mit aufgespritzten Lippen vermutet, dass viele fürchten, unmännlich zu wirken.
Auf Instagram, Tiktok, oder auch auf den Strassen begegnen sie uns immer öfter: aufgespritzte Lippen. Meist bei Frauen – doch der Trend ist auch in der Männerwelt angekommen.
Das zeigt ein Beispiel aus dem Fernsehen. Bei «3+» läuft derzeit die neueste Staffel der «Bachelorette», mit dabei ist auch der 31-jährige Kandidat Paolo. Sein Aussehen sorgt in den sozialen Medien für reichlich Gesprächsstoff, weshalb sowohl er als auch «3+» die Kommentarfunktion deaktiviert haben.
Gefallen Ihnen volle Lippen?
In den paar Clips, die noch zu kommentieren sind, wird der Aargauer zum Beispiel als «Barbie» bezeichnet. An Paolo ist nämlich einiges nicht echt, wie er zu Nau.ch sagt.
«Meine vollen Lippen sind nicht natürlich. Ich stehe dazu, dass sie gemacht sind.» Er sei sehr perfektionistisch, deshalb habe er seine Oberlippe an seine dickere Unterlippe angleichen wollen.
Anteil «verschönerter» Männer von fünf auf 20 Prozent gestiegen
Für Schönheitschirurg Werner Mang von der Bodenseeklinik in Lindau (D) keine Überraschung: «Die Tendenz der Schönheitschirurgie bei Männern nimmt extrem zu», sagt er zu Nau.ch.
So hätten sich im Jahr 2000 gerade einmal fünf Prozent der Männer verschönern lassen. Zehn Jahre später waren es schon über zehn Prozent, heute mehr als 20. «Heisst: Jeder Fünfte, der sich verschönern lässt, ist ein Mann, Tendenz steigend.»
Beliebte Eingriffe bei Männern seien neben aufgespritzten Lippen etwa Botox in der Stirn oder betonte Wangenknochen. Operieren lassen sie sich gerne ihre Schlupflider oder die Nase, auch Fettabsaugungen und Haartransplantationen seien populär.
Männer sprechen weniger über ihre Beauty-Eingriffe als Frauen
Und obwohl viele Männer «gemacht» sind, sind Beauty-Eingriffe unter ihnen ein grösseres Tabuthema, beobachtet Mang. «Frauen gehen mit aufgespritzten Lippen viel offener um.»
«Bachelorette»-Kandidat Paolo ist hier die Ausnahme: «Mein Umfeld weiss Bescheid. Ich habe nichts zu verbergen», betont er.
Er hat aber eine These dazu, warum viele nicht über ihre Eingriffe sprechen wollen. «Einige denken, man sei weniger Mann, wenn man was macht.» Für ihn völlig unverständlich. «Im Gegenteil, man hat viel mehr Selbstbewusstsein!»
TV-Kandidat wegen Lippen mit «Gay»-Kommentaren eingedeckt
Trotzdem: Dass Schönheitseingriffe bei Männern nach wie vor ein Tabuthema sind, hat Paolo im Netz zu spüren bekommen. Er hat die Kommentare bewusst deaktiviert und seinen Instagram-Usernamen geändert, seit er im Fernsehen kommt.
«Ich habe meinen Platz auf der Erde nicht bekommen, um mich bei Leuten zu rechtfertigen, die es nicht verstehen. Viele denken und dachten, ich wäre gay.» Er unterstütze die LGBTQ+-Community sehr, schwul sei er aber nicht, sondern bisexuell.
14-Jährige wollen für Insta-Follower Mega-Lippen
Von der Negativ-Aufmerksamkeit, die er wegen seiner Beauty-Eingriffe erhält, hält Paolo also nichts. Doch andere sind regelrecht süchtig danach – ganz nach dem Motto: «Jede Werbung ist gute Werbung.»
Schönheitschirurg Werner Mang beobachtet, dass sich viele genau deswegen die Lippen aufspritzen lassen wollen. «Dieser Trend kommt von Instagram. So fällst du auf und bekommst mehr Follower», stellt er fest.
Welchen Beauty-Eingriff würden Sie am ehesten machen lassen?
«Wir haben in unserer Sprechstunde 14-jährige Mädchen, die die Lippen aufgespritzt wollen, weil sie meinen, erfolgreicher zu werden. Da sage ich absolut Nein dazu.»
Seine Philosophie sei «natürliche Schönheit». Er hofft deshalb, dass sich nicht noch mehr Männer – oder auch Frauen – stark aufspritzen lassen. Mang lacht: «Schlauchbootlippen gehören in den Zürichsee und nicht in das Gesicht.»