Initiativen gegen Prämienlast sind laut Bundesrat falsches Rezept
Bundesrat und Kantone äussern Bedenken gegen die Prämienentlastungs-Initiative der SP und die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei.
Bundesrat und Kantone teilen die zunehmenden Sorgen der Bevölkerung wegen der steigenden Krankenkassenprämien. Die Prämienentlastungs-Initiative der SP und die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei seien aber das falsche Rezept.
Sowohl Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider als auch der oberste kantonale Gesundheitsdirektor, Lukas Engelberger, machten am Freitag in Bern vor den Medien deutlich, dass die Dämpfung der steigenden Gesundheitskosten und die Senkung der Prämienlast für die Bevölkerung oberste Priorität hätten. «Das Gesundheitssystem muss finanzierbar bleiben», sagte Baume-Schneider. Die laufenden Reformprojekte im Gesundheitswesen würden ihre Wirkung entfalten, zeigte sich Engelberger überzeugt.
Weitere Massnahmen müssten jedoch folgen, sagten Bund und Kantonen unisono. Es brauche eine koordinierte Versorgung im Gesundheitswesen, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Studien belegten, dass in allen Bereichen durch effizientere Abläufe bis zu zwanzig Prozent eingespart werden könnten. «Wir arbeiten daran», sagte Baume-Schneider.
Die Volksinitiative «Maximal zehn Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämienentlastungs-Initiative)» bekämpfe nur die Symptome, nicht aber die Ursachen der steigenden Gesundheitskosten, sagte Baume-Schneider. In den Worten Engelbergers handelt es sich bei der Initiative um «eine reine Schmerztherapie».
Kritik an Prämienentlastungs-Initiative
Das Volksbegehren ist aus Sicht des Bundesrats auch deshalb abzulehnen, weil die Prämienverbilligungen künftig zu zwei Dritteln und nicht wie heute zur Hälfte vom Bund übernommen werden müssten. «Die Kantone hätten damit weniger Anreize, Kosten zu senken», gab Baume-Schneider zu bedenken.
Die Initiative könne sogar kontraproduktiv sein, weil auch individuelle Sparanreize der Prämienzahlenden betäubt würden, so Engelberger. Die Initiative verletze zudem Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, da letztere nicht mehr selber bestimmen könnten, wie hoch ihre Prämienverbilligung auf ihrem Gebiet beträgt. Das heutige System funktioniere gut.
Bund und Kantone bevorzugen stattdessen den indirekten Gegenvorschlag des Parlaments. Dieser koppelt Höhe von einem Kanton zu entrichtende Prämienverbilligung an dessen Gesundheitskosten. «Es wird mehr Geld als heute für Prämienverbilligungen zur Verfügung stehen», sagte Baume-Schneider.
Die Initiative hätte dagegen Mehrkosten in Milliardenhöhe zur Folge. «Kürzungen in anderen Bereichen wären nötig», so Baume-Schneider. Falls sich das Parlament nicht einigen könne, seien Steuererhöhungen wohl unvermeidlich. Solche würden wiederum grosse Teile der Bevölkerung treffen.
Für die Kantone hätte Umsetzung der Initiative schätzungsweise eine Milliarde Franken an Mehrkosten zur Folge. Engelberger bezeichnete das als «eine zu teure Schmerztablette».
Kritik an Kostenbremse-Initiative
Die Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitssystem (Kostenbremse-Initiative)» lehnen Bund und Kantone ebenfalls ab. Engelberger sprach von einem «Placebo», Baume-Schneider kritisierte den Mechanismus hinter der Initiative als «zu starr». Die Kostenbremse berücksichtige Faktoren wie Alterung der Bevölkerung und medizinischen Fortschritt nicht.
Auch hier soll statt eines neuen Verfassungsartikels ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz greifen. Dieses sieht vor, dass Bundesrat alle vier Jahre festlegen muss, wie stark die Kosten obligatorischer Krankenpflegeversicherung (OKP) maximal steigen dürfen. Steigen die Kosten unbegründet stärker an als vereinbart, müssen Bundesrat und Kantone Massnahmen prüfen.
«Der Gegenvorschlag schafft die nötige Transparenz und holt medizinische Akteure an den Tisch», sagte Baume-Schneider. Leistungserbringer müssten zu Massnahmen Hand bieten. Falls Initiative mit automatischen Massnahmen umgesetzt würde, drohe dagegen eine Rationierung der Gesundheitsleistungen. «Die Patienten hätten nicht mehr wie heute Zugang zur besten Versorgung.»