Jede vierte Person mit Behinderung am Arbeitsplatz diskriminiert
In der Schweiz sind Menschen mit Behinderung gut in den Arbeitsmarkt integriert. Dennoch beklagt ein Viertel Gewalt oder Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Das Wichtigste in Kürze
- Über zwei von drei Menschen mit Behinderung haben in der Schweiz einen Erwerbsjob.
- Trotz guter Integration berichten ein Viertel von Diskriminierung oder Gewalt.
- Bei den Menschen ohne Behinderung beklagen 18 Prozent Diskrimierung.
Menschen mit Behinderung sind in der Schweiz gut in den Arbeitsmarkt integriert: Mehr als zwei von drei haben einen Erwerbsjob. Selbst von den stark Eingeschränkten arbeitet die Hälfte normal. Trotzdem berichten ein Viertel von Diskriminierung oder Gewalt.
Von den Menschen ohne Behinderungen beteiligen sich 82 Prozent am Arbeitsmarkt. Nur 13 Prozentpunkte weniger (69 Prozent) sind es bei denjenigen, die ein Handicap körperlicher, psychischer oder geistiger Natur haben. Sogar von den stark eingeschränkten Personen gehen 46 Prozent einer Erwerbsarbeit nach. Dies ist in der Taschenstatistik nachzulesen, welche das Bundesamt für Statistik (BFS) am Donnerstag aus Anlass des Tags der Menschen mit Behinderungen veröffentlicht hat.
Personen mit Einschränkungen arbeiten mehr Teilzeit
Verglichen mit den «Unversehrten» arbeiten Personen mit Einschränkungen ein bisschen öfter Teilzeit: 40 Prozent sind weniger als 36 Stunden in der Woche erwerbstätig, während von den Nicht-Beeinträchtigten 27 Prozent mit reduziertem Pensum pickeln.
Trotz der augenscheinlich hohen Arbeitsmoral klagen Menschen mit Einschränkungen darüber, dass sie benachteiligt, diskriminiert, bedroht, eingeschüchtert, gemobbt, sexuell belästigt sowie verbal und körperlich attackiert werden. 26 Prozent von ihnen gaben das bei der Gesundheitsbefragung 2017 an. Bei den Menschen ohne Behinderung lag der Anteil der Diskriminierten und/oder Gewaltopfern bei 18 Prozent.
Explizit wegen ihrer Einschränkung am Arbeitsplatz diskriminiert fühlen sich 4 Prozent der befragten Menschen mit Behinderung. Von ihnen erfahren 11 Prozent Einschüchterung, Mobbing und Belästigung und 9 Prozent Altersdiskriminierung. Der Anteil steigt mit der sinkenden Wehrhaftigkeit: Von den Personen mit starken Einschränkungen wurde jeder Dritte in den 12 Monaten vor der Erhebung diskriminiert.
Rund ein Viertel der Bevölkerung lebt mit Beeinträchtigungen
Nicht ganz ein Viertel der Bevölkerung muss im Sinne des Gleichstellungsgesetzes mit körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen zurechtkommen. Gemäss Gesundheitsbefragung 2018 waren 5 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren, die in einem Privathaushalt leben, «stark eingeschränkt» und weitere 17 Prozent «etwas eingeschränkt». 6 Prozent bezog 2019 Leistungen der IV, 4 Prozent bezogen eine Invalidenrente.
Bei der Art der Einschränkungen überwiegen Probleme mit dem Erinnerungs- und Konzentrationsvermögen, unter denen 1,7 Prozent der Bevölkerung leiden. Hör- und Sehvermögen ist bei je 1,1 Prozent reduziert, das Gehvermögen bei einem Prozent und ein vermindertes Sprechvermögen beklagen 0,4 Prozent der Bevölkerung.
Die Statistik offenbart signifikante Geschlechtsunterschiede, Frauen sind in der Regel weniger stark betroffen als Männer: In der Gruppe der stark Eingeschränkten machen sie 49 Prozent aus, unter den IV-Rentnern 47 Prozent; im Gegenzug haben sie in der Gruppe der leicht Eingeschränkten eine 56-Prozent-Mehrheit.
Je höher Ausbildungsstufe, desto weniger Handicapierte
Beim Bildungsstand zeigt sich das erwartete Bild - dem Umstand geschuldet, dass ein Teil der Einschränkungen von Menschen mit Behinderung kognitiver Natur ist: je höher die Ausbildungsstufe, desto geringer ist der Anteil der Handicapierten, welche sie absolvieren.
Auf die Tertiärstufe schaffen es 46 Prozent der Menschen ohne Behinderungen, aber nur 17 Prozent der Gruppe mit starken Einschränkungen. Bei der Obligatorischen Schule lassen es 27 Prozent der stark Eingeschränkten bewenden, aber nur 10 Prozent der «Unversehrten».