Ju-Air-Absturz 2018: Pilotenfehler führte zu Crash
Die SUST hat die Untersuchung zum Ju-Air-Absturz von 2018 mit 20 Toten abgeschlossen. Der Abschlussbericht legt ein Totalversagen der Piloten offen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SUST hat den Abschlussbericht zum Ju-Air-Absturz 2018 bei Flims GR veröffentlicht.
- Als direkte Unfallursache nennt die SUST eine hochriskante Flugführung durch die Piloten.
- Die SUST erhebt auch Vorwürfe an der Ju-Air als Flugbetriebsunternehmen.
Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST hat am Donnerstag den Schlussbericht zum Absturz der JU 52 veröffentlicht. Die Maschine war am 4. August 2018 bei Flims FR abgestürzt, die zwei Piloten und 18 Passagiere verloren dabei ihr Leben.
Im Abschlussbericht erhebt die SUST schwere Vorwürfe gegen die Piloten, aber auch gegen die JU-Air selbst. Die wichtigsten Punkte:
Totalversagen durch Piloten – Vorwürfe gegen den Bund
-Die Ursache für den Absturz ist auf «hochriskante Flugführung» durch die Piloten. Diese steuerten das Flugzeug in geringer Höhe, ohne Möglichkeit für einen alternativen Flugweg, kommt die SUST zum Schluss. Die Geschwindigkeit für die Verhältnisse im engen Tal südwestlich des Piz Segnas war zu tief.
Die Turbulenzen, die die Piloten dort antrafen, sind im Gebirge in Geländenähe stets zu erwarten, hält die SUST fest. Durch die hochriskante Flugführung konnten die Piloten nicht auf die Turbulenzen reagieren und verloren in der Folge die Kontrolle über das Flugzeug.
-Weiter nennt die SUST eine «mangelhafte Flugvorbereitung», weshalb sich der Schwerpunkt des Flugzeugs während des Unfallfluges zu weit hinten befunden hat.
-Vorwürfe werden auch gegen Ju-Air als Flugbetriebsunternehmen laut: Diese habe die wesentlichen Risiken in seinem Flugbetrieb erkannt. Auch soll das Unternehmen zahlreiche Regelbrüche seiner Piloten nicht verhindert haben.
-Auch das Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL hat in seiner Aufsichtstätigkeit zahlreiche Sicherheitsprobleme nicht erkannt oder nicht genügend Wirkung gezeigt.
Die SUST hat zudem weitere Risiken festgestellt, «die sich jedoch nicht direkt auf den Unfall auswirkten». Die verunfallte Ju-Air-Maschine befand sich technisch nicht in einem ordnungsgemässen Zustand.
Um die Sicherheit in der Luftfahrt zu verbessern, hat die SUST acht Sicherheitsempfehlungen für das BAZL und sieben Sicherheitshinweise für Flugbetriebsunternehmen ausgearbeitet.
BAZL gesteht ungenügende Aufsicht
Die Kritik am Bund nimmt das Bundesamt für Zivilluftfahrt ernst. Auf Anfrage von Nau.ch gesteht Sprecher Urs Holderegger: «Es trifft zu, dass die Aufsicht des BAZL über die Ju-Air teilweise ungenügend war.»
Das BAZL habe die Defizite in der «tatsächlich gelebten Sicherheitskultur zu wenig erkannt» und sich zu sehr auf formale Aspekte beschränkt. Die Betriebe seien in der internationalen Luftfahrt in hohem Masse eigenverantwortlich und hätten eigene Sicherheitsstrukturen nach internationalen Vorgaben.
«Diese waren bei der Ju-Air vorhanden, wurden aber teilweise nicht gelebt», kritisiert das Bundesamt. Das BAZL habe auf den Absturz schon vor zwei Jahren reagiert und den Flug- und technischen Betrieb eingestellt. Kommerzielle Passagierflüge mit historischen Flugzeugen wurden gestrichen.
Was jedoch die Sicherheitsempfehlungen der SUST angeht, ist das BAZL nicht verpflichtet, diese umzusetzen, betont Holderegger. «Unsere Experten prüfen jeweils, in welcher Form diese Empfehlungen umgesetzt werden können. Die Umsetzung der Empfehlungen ist bereits im Gange.»
Ju-Air will bei Piloten nach Risiko-Kritik genauer hinschauen
Ju-Air selber hat bereits öffentlich auf den Abschlussbericht reagiert und schreibt in einer Medienmitteilung: «Die Ju-Air setzt alles daran, aus dem Absturz der JU-52 von 2018 zu lernen.» Das Unternehmen will die umfangreichen Untersuchungsergebnisse detailliert analysieren «und daraus Schlüsse für den künftigen Betrieb ableiten».
Ju-Air habe die Untersuchungen immer vorbehaltlos unterstützt, betont das Unternehmen. Was die fehlerhafte Planungsunterlage für die Berechnung des Schwerpunktes angeht, hätten erste Abklärungen ergeben, dass der Fehler bereits 35 Jahre vor dem Unfall passierte. Seither habe es keinerlei Probleme gegeben, rechtfertigt die Ju-Air das Übersehen.
Die Kritik am Risikoverhalten der Piloten will die Ju-Air bei der künftigen Selektion, Ausbildung und Kontrolle von Piloten einfliessen lassen.