Junge finden Tinder zu «oberflächlich»
Immer mehr junge Menschen wenden sich von Dating-Plattformen wie Tinder ab. Ein Experte erklärt, warum besonders die Generation Z Oberflächlichkeit ablehnt.
Das Wichtigste in Kürze
- Dating-Apps wie Tinder sind bei 18- bis 25-Jährigen weniger beliebt.
- Vielmehr setzen sie beim Kennenlernen auf reale Treffen.
- Und: Die Jungen sehnen sich wieder mehr nach Sicherheit in Beziehungen.
Wer schnelle Bekanntschaften sucht, wird auf Tinder garantiert fündig. Das unkomplizierte Kennenlernen haben insbesondere die Millennials und die Generation X für sich entdeckt. Es ist also vor allem bei den 26- bis 57-Jährigen beliebt.
Anders die Generation Z: Mit Tinder haben die 18- bis 25-Jährigen wenig am Hut. Denn auf unverbindlichen Sex haben es die Jungen laut einer Studie nicht mehr abgesehen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass die Gesellschaft «oversexed» sei – Sex ist omnipräsent.
Ist die Generation Z in Sachen Beziehungen also konservativer als ihre Eltern und älteren Geschwister?
Junge lehnen Oberflächlichkeit von Tinder & Co. ab
«Nein», sagt der Sexualberater Federico Rath auf Anfrage von Nau.ch. Denn: «Die Menschen sehnen sich nach Autonomie und Sicherheit. Durch Dating-Apps hat man zwar viele Möglichkeiten, für viele bleibt es jedoch oberflächlich.»
Männer hätten bei der Online-Partnersuche sowieso das Nachsehen. «Sie investieren oft viel Zeit in die Dating-App und erhalten im Gegenzug oft wenig reale Treffen dafür.»
Daher gebe es jetzt einen «Umschwung»: «Die Generation Z setzt für ein Kennenlernen auf reale Treffen. Die Suche nach einer schnellen Sache steht dabei weniger im Vordergrund.»
Laut Rath kommt hinzu, dass Frauen heute gesellschaftlich anders gestellt sind – Unabhängigkeit ist ihnen wichtig. «Sie haben ganz andere Möglichkeiten als früher.»
«Jugend muss heute selbstbewusster sein»
Auch der deutsche Jugendforscher Simon Schnetzer denkt nicht, dass Junge konservativer sind als die Generationen vor ihnen. Er glaubt stattdessen an eine «starke Verunsicherung der Jugend» bei ersten sexuellen Erfahrungen, wie er zu Nau.ch sagt.
«Die Jugend muss heute selbstbewusster sein.» Denn die Jungen seien stark idealisierten Körperbildern und extremisierten Sexualpraktiken im Netz ausgesetzt.
«Insofern ist es konsequent zu warten, bis man mit einem Partner ein gutes Gefühl hat», mutmasst er. Aber auch in einer Beziehung falle es Jungen oft schwerer, «Schwächen zuzugeben», ist sich Schnetzer sicher.
«Das hängt auch mit dem Gefühl der Austauschbarkeit auf dem ‹Tinder-Markt› zusammen.» Denn: «Social Media suggeriert permanent, dass es vielleicht jemanden Besseres für einen gäbe. Dadurch leiden viele Beziehungen der Generation Z unter einer latenten Unzufriedenheit.»