Junge Frauen haben keine Ahnung von Verhütung
Obwohl die Gesellschaft nur zu gerne über Sex spricht, wissen viele über Zyklus, Verhütung, Pille Danach oder Geschlechtskrankheiten kaum Bescheid.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Pille danach kann eine ungewollte Schwangerschaft verhindern.
- Sie wirkt bis zu fünf Tage nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr.
- Vor allem junge Frauen zwischen 18 und 25 Jahren beziehen sie rezeptfrei in der Apotheke.
- Apotheker beobachten, dass Frauen immer weniger Bescheid wissen über ihren Zyklus.
Pille vergessen? Gummi geplatzt? Spirale verrutscht? Solche Szenarien enden nur allzu oft in der nächsten Apotheke.
Seit 2002 ist dort die Pille danach rezeptfrei zu haben. «Zwischen 14 Jahren bis zur Menopause sehen wir Frauen jeder Altersgruppe», sagt Marion Molnar.
Sie ist Apothekerin am St. Galler Bahnhof. Wer bei ihr nach der Pille danach verlangen, ist allerdings meist zwischen 18 und 25 Jahre alt.
«Beginne oft bei Adam und Eva»
Gemeinsam haben die jungen Frauen nicht nur das Alter. Geht es um Zyklus, Verhütung und Geschlechtskrankheiten, wissen sehr viele sehr wenig. «Ich denke oft: Da hatte jemand einen Fensterplatz in der Schule.»
Die gleiche Erfahrung machen viele Apotheker. Unter ihnen Lukas Korner, Apotheker in Gränichen AG. «Man beginnt sehr oft bei Adam und Eva. Dabei werden die Jugendlichen doch in der Schule aufgeklärt.»
Viele jungen Frauen wissen weder, wo in ihrem Zyklus sie sich befinden, noch, wie dieser überhaupt aufgebaut ist. Korner hilft dann, die Wissenslücken zu schliessen.
«Früher hiess es: Notier dir den Menstruationsanfang. Heute wissen die Mädchen kaum Bescheid über Fruchtbarkeit, Verhütung oder sexuell übertragbare Krankheiten. Dabei war es nie so einfach,an Informationen zu kommen», so Molnar.
«Eine junge Frau erklärte mir einmal, dass sie gegen alles geimpft sei. Auch gegen HIV», fügt Korner an. Letzteres ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Leichtfertiger Umgang mit Pille Danach
Junge Schweizerinnen hingegen, beobachten die Apotheker, gehen mit Verhütung und Sexualität teilweise sorglos, manchmal gar leichtfertig, um. «Sehr viele Kundinnen geben ein gerissenes Kondom als Grund an. Wenn tatsächlich so viele Kondome reissen, haben wir in der Schweiz wohl die schlechteste Latex-Qualität überhaupt.» Korner lacht.
Er und auch Kollegin Molnar gehen davon aus, dass viele junge Frauen ungeschützten Geschlechtsverkehr haben, ohne zuvor die nötigen Tests gemacht zu haben. «Viele wissen ja, dass sie die Pille danach nehmen können. Die Gefahr von Geschlechtskrankheiten blenden sie dagegen einfach aus», so Molnar.
Gesellschaftliche Tendenz zur Pille Danach
Auch die Abkehr von hormonellen Verhütungsmitteln habe einen Einfluss auf die Nachfrage nach der Pille Danach. «Viele Kundinnen nehmen lieber direkt nach dem Verkehr die Pille danach, statt jeden Tag die reguläre Pille.»
Molnar schüttelt den Kopf. «Dabei wäre die reguläre Pille günstiger und für den Körper eine geringere Belastung.»
Gewalt und Alkohol
Mehr Sorgen, als die Sorglosigkeit vieler Frauen, machen den Apotheker andere Einzelfälle. «Manchmal kommen Frauen zu uns, bei denen klar ist, dass Gewalt im Spiel war oder ist», sagt Korner.
Er versuche dann, den Frauen so viel Hilfestellung wie möglich zu geben. «Aber ich kann sie nicht zu einer Anzeige zwingen.» Ihm bleibe nur, den Frauen zuzuhören. Und ihnen so viele Informationen, wie möglich, mit auf den Weg zu geben.