Juso Stadt Bern provoziert peinliche Kommunikations-Panne
Spätabends verschickt die Juso Stadt Bern eine wütende Medienmitteilung. Stunden später zieht sie diese wegen «massiver interner Kritik» wieder zurück.
Das Wichtigste in Kürze
- Gestern zog das Komitee seine Initiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub zurück.
- Enttäuscht forderte die Juso Stadt Bern nun, Mitinitiant Wüthrich nicht wieder zu wählen.
- Damit löste sie «massive interne Kritik» aus. Die Medienmitteilung wurde zurückgezogen.
Es ist ein alter Zopf: Jung rebelliert gegen Alt. Weil Tatendrang auf Erfahrung trifft, und langfristige Planung auf Ungeduld. Davon können die Berner Sozialdemokraten dieser Tage ein Liedchen singen.
Zwischen Juso und SP hat sich in der Nacht auf heute Donnerstag nämlich ein ungemütlicher Generationenkonflikt entsponnen. Dem Tatendrang der jungen Wilden ist es geschuldet, dass die Öffentlichkeit davon mehr als nur Wind bekam.
Juso: «Keine Rose für dich»
Es ist 21.50 Uhr in Bern, da flattert eine Medienmitteilung in die Posteingänge zahlreicher Journalisten. Titel: «Wir haben heute leider keine Rose für dich, Adrian».
Die Juso Stadt Bern fordert linke Wähler dazu auf, den Berner SP-Nationalrat Adrian Wüthrich «von allen Wahllisten zu streichen». Wüthrich setze sich weder für eine gute Zukunft ein, noch wolle er echte Veränderung bewirken.
Die Schweiz kennt Wüthrich vor allem als Verfechter der Initiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub.
Kampf für Vaterschaftsurlaub
Allerdings haben Wüthrich und sein Komitee die Initiative gestern Mittwoch zurückgezogen. Daher auch die Wut der Jungen. Der Rückzug geschah vor dem Hintergrund, dass die SP im Nachklang des Frauenstreiks grössere Pläne hat.
Eine nationale Volksinitiative soll lanciert werden, die statt Mutter- und Vaterschaftsurlaub eine Elternzeit fordert. Um die Chancen dieses Unterfangens nicht zu gefährden, haben die Papizeit-Initianten ihr eigenes Projekt auf Eis gelegt.
Nächtliche Medienmitteilungen
Als die Vorstandsmitglieder der Juso Bern, Vera Diener und Michael von Bergen, gestern spätabends ihre Zeilen tippten, war die Enttäuschung gross. Wüthrich falle «allen in den Rücken» und verbaue dem Anliegen jegliche Zukunft.
Dazu komme, dass der Nationalrat «in seiner Funktion als Chef der Berner Polizeigewerkschaft wiederholt negativ aufgefallen» sei. Genug, finden die Jungen und verschicken ihre Medienmitteilung.
«Massive interne Kritik»
Genug, fanden auch die Alten – und pfiffen ihre Jungen zurück. Gut drei Stunden später flattert darum die nächste Medienmitteilung ins Haus. Titel: «Die Juso Stadt Bern nimmt nach massiver interner Kritik die Forderung nach der Streichung von Wüthrich zurück.»
Knapp und fett gedruckt kommt Medienmitteilung Nummer zwei daher. «Massive interne Missverständnisse über Kompetenzen und Zuständigkeiten» hätten zu dem Kommunikations-Fiasko geführt. Das schreibt nun allerdings nicht mehr die Stadtberner Juso.
Bald wieder «legitime Kritik» von der Juso
Die Kantonale Sektion hat übernommen. Man dankt freundlich fürs Verständnis und verspricht, «in Zukunft noch genug legitime Kritik anzubringen». Rückfragen seien bitte an Vinzenz Binggeli, Co-Präsident der Juso Kanton Bern, zu richten.
Und die jungen Wilden? Haben wohl vorerst Hausarrest.