Kampf um Deutungshoheit der Konzernverantwortungsinitiative beginnt

Keystone-SDA
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Bern,

Die Meinungen der Bürgerlichen spalten sich beim Thema der Konzernverantwortungsinitiative. Viele sehen sie jedoch als selbstverständlich an.

Konzernverantwortung
Ein Plakat der Initiative «Für verantwortungsvolle Konzerne – zum Schutz von Mensch und Umwelt». - Instagram

Das Wichtigste in Kürze

  • Politiker von links bis rechts sehen die Konzerninitiative als selbstverständlich an.
  • Gegner bezeichnen es jedoch als «extremer Alleingang der Schweiz».
  • Am 29. November wird das Schweizer Stimmvolk über die Initiative entscheiden.

Das bürgerliche Lager war bei der Beratung der Konzernverantwortungsinitiative im Parlament gespalten – und ist es auch im Abstimmungskampf: Befürworter bezeichnen das Anliegen des Volksbegehrens als Selbstverständlichkeit, Gegner als «extremen Alleingang der Schweiz».

«Zum Schutz von Mensch und Umwelt»

Volk und Stände entscheiden am 29. November über die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt». Diese fordert, dass globale Konzerne mit Sitz in der Schweiz einem zwingenden Regelwerk unterstellt sind. Dies, wenn es um die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutzstandards bei ihren weltweiten Tätigkeiten geht.

Herzstück der Initiative ist die Sorgfaltsprüfungspflicht, die neu eingeführt werden soll. Kommt ein Schweizer Konzern dieser Pflicht nicht nach, soll er auch für Schäden haften, die Tochterfirmen im Ausland verursacht haben.

Selbstverständlichkeit für Linke und Rechte

Für über 350 Politikerinnen und Politiker aus CVP, GLP, BDP, EVP, FDP und SVP fordert die Konzernverantwortungsinitiative eine Selbstverständlichkeit: «Verantwortungsvolles Unternehmertum ist nicht zu viel verlangt», sagte BDP-Präsident und -Nationalrat Martin Landolt am Mittwoch vor den Medien. Wer sich vor der Verantwortung drücke, schade der Glaubwürdigkeit der Schweizer Wirtschaft. «Die Moral kommt vor dem Fressen.»

BDP Martin Landolt
Der nationale BDP-Präsident Martin Landolt, hier an einer Delegiertenversammlung seiner BDP. - Keystone

Die Initiative sei pragmatisch und umsetzbar, hielt der Freiburger alt CVP-Nationalrat Dominique de Buman fest. «Die meisten Unternehmen setzen die Regeln bereits um.» Nun müssten die «schwarzen Schafe» nachziehen.

Die bürgerlichen Gegner der Initiative bezeichnen das Kernanliegen des Volksbegehrens zwar als berechtigt, halten die Initiative aber für zu extrem. Insbesondere die Haftungsregel ist ihnen ein Dorn im Auge. Sie haben sich zu einem überparteilichen Komitee zusammengeschlossen.

Schweiz würde zur «Weltpolizei» werden

«Sie ist schlicht nicht umsetzbar», kritisierte CVP-Präsident und -Nationalrat Gerhard Pfister (ZG) vor den Medien. Wenn man in der ganzen Welt nach Schweizer Recht urteilen müsse, «wäre das ein Eingriff in die Rechtsstaatlichkeit anderer Nationen.» Dies sagte er.

Kindearbeit
Konzerne sollen für ihr Handeln im Ausland zur Verantwortung gezogen werden können, etwa bei Kinderarbeit. (Themenbild) - sda

Für SVP-Präsident und Tessiner Ständerat Marco Chiesa kommt der Schweiz bei einem Ja zur Initiative die Rolle als «Weltpolizist» zu. Das Volksbegehren stelle Schweizer Recht und Schweizer Gerichte über das Rechtssystem aller ausländischen Staaten.

Uneinigkeit herrscht im bürgerlichen Lager auch bei der Frage der zivilrechtlichen Haftung. Laut den Gegnern wird das Rechtssystem mit der Beweislastumkehr auf den Kopf gestellt. «Das birgt ein hohes Schadenspotenzial für all unsere Unternehmen», sagte FDP-Präsidentin und -Nationalrätin Petra Gössi (SZ).

Vorwurf wird von GLP abgewiesen

GLP-Nationalrat Beat Flach (AG) wehrte sich gegen den Vorwurf, wonach die Initianten die Beweislast umkehren wollten. Das stehe weder explizit in der Initiative noch in dem vom Nationalrat ausgearbeiteten und schliesslich knapp gescheiterten Gegenvorschlag.

Konzernverantwortungsinitiative
Der Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative wurde verabschiedet. (Themenbild) - sda

Der vom Parlament in der Sommersession verabschiedete Gegenentwurf geht weniger weit. Er verzichtet ganz auf neue Haftungsregelungen. Dafür beinhaltet er eine Berichterstattungspflicht sowie eine Sorgfaltsprüfungspflicht in Sachen Kinderarbeit und Konfliktmineralien. Das Gesetz tritt bei einem Nein zur Initiative automatisch in Kraft.

Ohne Haftungsregeln ist Gegenvorschlag unbrauchbar

Laut den Verfechtern schafft diese Lösung mehr Verbindlichkeit mit neuen Pflichten, Bussen und Strafbestimmungen für Unternehmen. Den Initianten geht der Gegenvorschlag deutlich zu wenig weit. Sie sprechen von einem «Etikettenschwindel». Ohne Haftungsregeln sei die Vorlage unbrauchbar.

Die Diskussionen innerhalb der bürgerlichen Parteien gehen in den kommenden Wochen weiter – auch in der CVP. Auf die Frage angesprochen, ob man Ja oder Nein zur Konzernverantwortungsinitiative stimmen sollte, sagte CVP-Präsident Pfister: «Man kann sowohl für als auch gegen die Initiative sein.» Es komme auf den persönlichen Standpunkt an.

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