Kanton Zürich zahlt Verein, der Prostituierte «befreit»
Der Kanton Zürich zahlt dem Verein Heartwings 50'000 Franken, um Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution zu helfen – trotz dessen Nähe zur Freikirche.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Zürcher Verein Heartwings will Prostituierten helfen, den Ausstieg zu schaffen.
- In den sozialen Medien sprechen die Vereinsgründer von «Befreiung» und «Heilung».
- Trotz Nähe zur Freikirche erhält dieser zur Unterstützung 50'000 Franken vom Kanton.
«Die Hürden für einen Ausstieg sind hoch.» Das schreibt der Kanton Zürich Anfang September in einer Medienmitteilung. Gemeint sind Prostituierte, denen der Wechsel in eine andere Tätigkeit «aus eigener Kraft» schwerfalle.
Deshalb unterstützt der Kanton drei Zürcher Organisationen finanziell mit je 50'000 Franken. In einem Pilotprojekt wollen diese Organisationen Frauen beim Ausstieg helfen. Konkret geht es um die Vereine Anora, Isla Victoria und Heartwings. Letzterer wurde 2008 vom Pastor Peter Widmer und seiner Frau Dorothée Widmer gegründet.
Die beiden besuchen Frauen etwa «auf dem Strassenstrich, in Bordellen, Massagesalons», wie sie auf ihrer Webseite angeben. Neben Gesprächen betreibt das Paar an der Zürcher Langstrasse ein Nagelstudio und eine Kleiderboutique für Prostituierte.
«Wertvoller als 1000 Stutz»
Ihre Tätigkeit dokumentieren Peter und Dorothée Widmer regelmässig in den sozialen Medien. In einem Instagram-Video, das bereits im Juni hochgeladen wurde, erzählt der Pastor von einer Begegnung mit einer Frau aus Polen.
Diese habe «bereits nach wenigen Tagen ganz abgelöschte Augen» gehabt. Er habe der Prostituierten einen Diamanten geschenkt. Gleichzeitig habe er ihr gesagt, wie wertvoll sie sei – «wertvoller als 1000 Stutz oder 100 Stutz».
Auch habe er der Frau gegenüber zugegeben, dass er selbst «kaputt» gewesen sei und «Heilung erlebt» habe.
Widmer hofft: «Vielleicht kommt die Frau schon bald zu uns auf Besuch und ist offen für eine Veränderung.»
«Gebrochene Menschen»
Auf Youtube zeigt sich das Ehepaar ebenfalls gerne. Auch dort verwendet es religiöse Begriffe. Oft ist die Rede von «Heilung» und «befreien». Problematisch: Prostituierte werden als «gebrochene Menschen» betitelt – gar von «Sünde» wird gesprochen.
Gegenüber Tamedia stuft der Religionswissenschaftler Georg Otto Schmid die Webseite und Videos als «sehr freikirchennahe» ein. Es gebe viele freikirchliche Organisationen, die ihr soziales Engagement von der Mission trennen können. «Wenn der Staat so viel Geld spricht, muss er genau hinschauen, ob die Trennung auch wirklich funktioniert.»
Ob Heartwings hilft, ohne zu missionieren, ist fragwürdig. Der Verein selbst bestreitet, dass «unter einem religiösen oder kirchlichen Etikett» geholfen werde.