Gewalt

Kein Platz und Gewalt – Angestellte in Berner Asylheimen überfordert

Tim Camp
Tim Camp

Bern,

Ein Bericht zeigt: Die Lage in den Berner Asylunterkünften ist weiterhin angespannt. Für den Kanton kein Grund, Mindeststandards einzuführen.

Asylunterkunft
Ein Bericht zeigt auf, unter welchen Bedingungen in Berner Asylunterkünften gelebt wird. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In den letzten Jahren hat sich die Anzahl an Asylunterkünften in Bern stark erhöht.
  • Oftmals herrschen in den Unterkünften enge Platzverhältnisse, Rückzugsorte gibt es keine.
  • Das Personal stösst an seine Grenzen, der Kanton hat Unterstützung jedoch abgelehnt.

Die Berner Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) hat jüngst eine Analyse zur Gewaltprävention in Asylunterkünften veröffentlicht.

Die Ergebnisse stimmen nicht gerade positiv: Die Flüchtlinge leben unter harten Bedingungen und stehen, so wie die Angestellten der Asylorganisationen, grossen Herausforderungen gegenüber.

Der Studie zufolge ist die Anzahl der Asylunterkünfte in den letzten zwei Jahren von 15 auf 42 gestiegen. Einige darunter sind unterirdisch, doch die Platzverhältnisse sorgen in so ziemlich allen Unterkünften für Probleme.

Kinder müssen immer drinnen bleiben

In den Unterkünften führt das enge Zusammenleben vieler Menschen zu Konflikten. In einigen Notunterkünften teilen sich bis zu 20 Personen, Familien und Einzelpersonen, ein Zimmer. Dem Bericht zufolge stellt der dadurch entstehende «Dichtestress» den Hauptrisikofaktor für Gewaltvorfälle dar.

Hinzu kommt, dass kaum Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sind. Denn nicht alle Zentren bieten solche Orte oder Gemeinschaftsräume an. Besonders problematisch: In einigen Unterkünften müssen die Kinder immer drinnen bleiben.

Oftmals endet ein Streit zwischen zwei Kindern dann in einem Streit der betroffenen Eltern. Diese Konflikte verliefen «teilweise mit gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Folge», so die Studie. So komme es tatsächlich im schlimmsten Fall auch zu Gewalt gegen Kinder.

Alkohol erhöht das Gewaltrisiko immer, das sieht auch in den Asylunterkünften nicht anders aus. Da Einzelzimmer aber meist nicht verfügbar sind, wird der Umgang mit suchtkranken Personen besonders erschwert. Zudem leiden viele Bewohner unter posttraumatischen Belastungsstörungen, die sich oft in Aggression äussern.

Personal an Grenze der Belastbarkeit

Und eben genau diese psychischen Erkrankungen bringen das Personal an seine Grenzen. Überfüllte Psychiatrien haben zur Folge, dass sich die Mitarbeitenden der Unterkünfte in solchen Fällen oftmals alleine fühlen.

Daher empfiehlt der Bericht eine umfangreichere und gezieltere Schulung des Personals und die Einführung von Mindeststandards. Somit würden nicht nur Mitarbeitende unterstützt und geschützt, sondern auch das Zusammenleben würde friedlicher gestaltet.

Der Bericht und die darin enthaltenen Empfehlungen stossen bei den Asylorganisationen mehrheitlich auf Begrüssung. Denn er zeige die aktuelle Situation gut auf, zudem mache er ersichtlich: Viele der Probleme lassen sich auf fehlende Infrastruktur oder Fachkräftemangel zurückführen.

Denken Sie, dass solche Mindeststandards notwendig sind?

Trotzdem wurde die Einführung von Mindeststandards vom Berner Kantonsparlament abgelehnt. Gegenüber dem «Bund» liess der Kanton verlauten: «Die Gesamtverantwortung für die Unterbringung und Betreuung der Klientinnen und Klienten in den Kollektivunterkünften obliegt den regionalen Partnerorganisationen.»

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