Kids können im Chindsgi kaum Deutsch – schaffen später Gymi
In Spreitenbach AG liegt der Ausländeranteil bei 52 Prozent – im Chindsgi können viele Kinder kein Deutsch. Dennoch schaffen es viele mit 16 ins Gymnasium.
![spreitenbach schule](https://c.nau.ch/i/xM34ol/900/spreitenbach-schule.jpg)
Das Wichtigste in Kürze
- Vier von fünf Kindern in Spreitenbach AG können im Kindergarten wenig oder kein Deutsch.
- Die Schule setzt auf Integration – alle Schultypen sind auf einem Campus vereint.
- Mit 16 wechseln ungefähr so viele Schüler aufs Gymnasium wie im schweizerischen Schnitt.
Die Voraussetzungen für Schülerinnen und Schüler in Spreitenbach AG sind schwierig: Vier von fünf Kindern können im Kindergarten nur wenig oder gar kein Deutsch.
In manchen Klassen liegt der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund bei rund 100 Prozent.
Dennoch stehen sie am Ende der obligatorischen Schulzeit nicht schlechter da als im schweizweiten Durchschnitt.
Denn: Der Anteil Schüler, der mit 16 Jahren ins Gymnasium geht, ist ungefähr gleich hoch wie anderswo. Und auch eine Berufslehre mit oder ohne Berufsmatura absolvieren sie nicht seltener als in anderen Gemeinden.
Was macht Spreitenbach richtig?
Das ist offenbar vor allem der Schule Spreitenbach zu verdanken.
Auf dem Campus gibt es alle Schultypen. In sechs Schulhäusern und 18 Kindergärten werden insgesamt 1700 Schüler unterrichtet.
Für Schüler, die auffallen und sich nicht konzentrieren können, gibt es sogenannte Fokusklassen – eine Auszeit vom Regelunterricht.
Dabei lernen die Kinder Selbstkompetenz und Sozialverhalten. Zudem nehmen sie den Schulstoff durch – so können sie später zurück in die reguläre Klasse.
Wieder zum alten System – mit Sonderklassen – zurückzukehren, kommt für Schulleiter Roger Stiel nicht infrage. Das wäre «eine gesellschaftliche Bankrotterklärung», sagt er gegenüber dem «Tagesanzeiger».
Wenn Kinder, die anders sind, von der Bildfläche verschwinden, nütze das niemandem. «Hinzu kommt, dass es damals mit der Ballung von Schwierigkeiten in Kleinklassen zu noch mehr Problemen kam.»
Weiter erklärt der Rektor: «Wir vermitteln auch, dass es keine Rangordnung gibt zwischen Gymnasium und Berufslehre. So wenig wie zwischen Lehrpersonen und Raumpflegepersonal.»
Tiefe Fluktuation als Erfolgsrezept
Die Integration, die in der Schule Spreitenbach stattfindet, ist jedoch auch viel Arbeit. Zu den Erfolgsgeheimnissen der Schule zählt die extrem tiefe Fluktuation.
Es komme höchst selten vor, dass jemand kündige, so Stiel. Er ist seit 15 Jahren Schulleiter in Spreitenbach – und ist damit einer der Amtsjüngeren.
Ein Vorteil: So seien die Abläufe zwischen Lehrpersonen, Schulleiter und Sozialarbeitern eingespielt. «Wir ziehen am selben Strick», sagt Stiel.
Dabei sei nicht nur die Oberstufe, sondern auch die Vorarbeit von Primarschule und Kindergarten zentral.
Nulltoleranz bei Gewalt
Auch auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler wird eingegangen. Die Lehrpersonen sind aufmerksam – zum Beispiel, wenn es darum geht, ob ein Kind punktuell Förderunterricht benötigt.
«Wenn das Personal alle paar Jahre wechselt, kannst du es vergessen», meint Stiel.
Der Schulleiter hält fest: «Wir verlangen viel von den Schülern. Sie müssen ihr Bestes geben.» Und bei Gewalt gelte Nulltoleranz.