Klima-Aktivisten erhalten nach Razzien mehr Zulauf – oder nur Bluff?
Die Klima-Gruppe Letzte Generation verzeichnet nach Razzien angeblich einen Zulauf an Interessierten. Der Soziologe Marko Kovic hegt Zweifel.
Das Wichtigste in Kürze
- Die kürzliche Razzia gegen die Letzte Generation sorgte für viel Kritik.
- Nun prahlt die Klima-Protestgruppe jedoch mit neuen Aktivisten.
- Kann das sein? Ein Soziologe ordnet ein.
Vergangene Woche gingen Polizei und Staatsanwaltschaft in Deutschland mit einer Razzia gegen die Letzte Generation vor. Wohnungen und Geschäftsräume von Mitgliedern wurden durchsucht. Das Vorgehen sorgte jedoch für Kontroversen: Einige hielten es für angemessen, andere wiederum für völlig übertrieben.
Auch die Protestbewegung selbst äusserte Kritik – profitiert nun aber angeblich von den Razzien. Eigenen Angaben zufolge verzeichnen die Klimaaktivisten seither nämlich einen Zulauf an Interessierten.
Ähnlich sieht es auch bei Renovate Switzerland aus. So hätten die Spenden und Anmeldungen für die Mailingliste zuletzt zugenommen, heisst es auf Anfrage.
«Immer mehr Menschen realisieren, dass die Regierung es versäumt, den Klimanotstand in den Griff zu bekommen [...].» Die Klima-Gruppe könne derzeit auf rund 130 aktive Sympathisantinnen und Sympathisanten zählen.
Zuletzt sorgten Renovate Switzerland an Ostern mit ihrer Protestaktion am Gotthard für genervte Tessin-Reisende.
Marko Kovic zweifelt jedoch an den Behauptungen der Klimaschützer. Der Schweizer Soziologe ordnet gegenüber Nau.ch ein: «Ob die Letzte Generation tatsächlich Zulauf bekommt, wissen wir nicht. Die einzige Quelle für diese Information ist die Letzte Generation selbst, die diese Aussage im Rahmen ihrer PR macht.»
Extreme Aktionen steigern Sichtbarkeit der Gruppierungen
Er könne sich jedoch vorstellen, dass durch die blosse Botschaft bereits Menschen mobilisiert werden. Dabei handle es sich um den Bandwagon-Effekt: «Wenn wir das Gefühl haben, dass viele Leute etwas machen, machen wir es selber auch eher.»
Die Razzien dürften den Aktivisten aber tatsächlich etwas gebracht haben. Denn die Mitglieder der Letzten Generation können sich dadurch als «Opfer» positionieren, erklärt Kovic weiter.
Dass die Protestgruppen durch extremere Aktionen beliebter werden, könne man aber nicht pauschal sagen. Mit aufsehenerregenden Ereignissen könne zwar automatisch die Sichtbarkeit der Gruppierungen gesteigert werden – und damit auch die Attraktivität für neue Aktivisten.
«Aber es kommt letztlich immer noch auf die Inhalte und die Protestformen an. Viele Menschen haben Verständnis für friedlichen zivilen Ungehorsam, würden aber zum Beispiel Gewalt gegen Menschen nicht billigen», so Kovic.