Dass die Schweiz zu wenig gegen den Klimawandel unternimmt, findet auch Thomas Stadelmann. Das Klima-Urteil des EuGH gegen die Schweiz findet er aber «absurd».
thomas stadelmann
Bundesrichter Thomas Stadelmann im Jahr 2015. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundesrichter Thomas Stadelmann kritisiert das Klima-Urteil gegen die Schweiz.
  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe seine Kompetenzen überschritten.
  • Stadelmann stimmt aber zu, dass die Schweiz zu wenig gegen den Klimawandel unternimmt.
Ad

Bundesrichter treten in den Medien eigentlich eher zurückhaltend auf. Wenn sie Stellung beziehen, dann meistens nur über ihre eigenen Urteile. Mit Thomas Stadelmann äussert sich nun erstmals ein Bundesrichter zum Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EuGH) gegen die Schweiz.

«Das Urteil ist absurd», sagt Stadelmann zur «CH Media». «Es handelt sich leider um ein sehr gutes Beispiel für richterlichen Aktivismus.» Der Bundesrichter hat «aus rechtlicher und staatspolitischer Sicht» ein Problem mit dem Urteil. «Richter und Richterinnen müssen Gesetze interpretieren, aber nicht selbst Gesetze schaffen.»

Unternimmt die Schweiz genug gegen den Klimawandel?

Mit dem Urteil könne nun gegen die Nichteinhaltung des Pariser Klimaabkommens geklagt werden. Dies war aus laut Thomas Stadelmann aber «nicht Absicht der Vertragsparteien des Abkommens. Die Reduktionsziele im Abkommen sind rechtlich nicht verbindlich.» Aus Sicht des Richters hat der EuGH damit seine Kompetenzen überschritten.

Thomas Stadelmann erklärt, das Vertrauen in den Europäischen Gerichtshof komplett verloren zu haben. Manche Entscheide gingen darüber hinaus, was die Vertragsparteien miteinander vereinbart hätten. «Darum kann ich diese Urteile nicht mehr ernst nehmen.»

Dabei ist der Richter inhaltlich durchaus auf einer Linie mit dem Gericht. «Ich finde auch, dass die Schweiz viel zu wenig für den Klimaschutz macht», gesteht Stadelmann. Aber: «Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, politische Statements zu machen.»

EuGH verurteilte die Schweiz für ihre Klimapolitik

Im April hiess der EuGH eine Klage der Klimaseniorinnen gut und verurteilte die Schweiz. Aus Sicht des Gerichts unternimmt die hiesige Politik zu wenig, um ältere Menschen vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Ein weiterer Kritikpunkt: Das Pariser Klimaabkommen, zu dem die Schweiz sich verpflichtet hat, sei nicht ausreichend umgesetzt.

eugh
Im April verurteilte der europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGH) die Schweiz, weil sie zu wenig gegen den Klimawandel unternimmt.
klimaseniorinnen
Das Gericht hiess eine Klage der Klimaseniorinnen gut.
klima-urteil
Mehrere bürgerliche Politiker kritisierten das Urteil scharf.

Der Entscheid stiess auf heftigen Gegenwind von bürgerlichen Politikern. Im Juni stimmte eine Mehrheit des Ständerats der Ablehnung des Urteils zu. Von zusätzlichen Klimaschutzmassnahmen wollte die kleine Parlamentskammer nichts wissen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

MenschenrechteKlimawandelGerichtKlage