Laut einer Umfrage lehnt eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ab. So auch der Nationalrat.
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Die Forderungen der KlimaSeniorinnen finden im Parlament kein Gehör – genauso wenig wie in der Bevölkerung. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte die Schweiz im April.
  • Die Schweiz tue zu wenig gegen den Klimawandel, lautete das Urteil.
  • Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt das Urteil ab – so wie der Stände- und Nationalrat.
  • Letzterer will keine zusätzlichen Massnahmen für den Klimaschutz.
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Das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gegen die Schweiz stösst im Bundeshaus mehrheitlich auf Ablehnung. Nach dem Ständerat hat heute auch der Nationalrat kritisiert das EGMR-Urteil kritisiert.

Die grosse Kammer hat am Mittwoch eine entsprechende Erklärung angenommen. Sie trägt – analog zu derjenigen des Ständerats – den Titel «Effektiver Grundrechtsschutz durch internationale Gerichte statt gerichtlicher Aktivismus».

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe mit dem Urteil die Grenzen der zulässigen Rechtsfortentwicklung überschritten und demokratische Entscheidungsprozesse missachtet, so die Hauptargumente. Der Nationalrat hiess diese nach einer angeregten Debatte mit 111 zu 72 Stimmen bei zehn Enthaltungen gut.

Der Nationalrat fällte seinen Entscheid gegen den Willen einer links-grünen Minderheit seiner Rechtskommission (RK-N).

Umfrage: Auch Bevölkerung findet Urteil falsch

Und auch eine Mehrheit der Bevölkerung findet das Urteil aus Strassburg falsch. Dies zeigt eine repräsentative Umfrage von «Tamedia».

Braucht es mehr Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels?

Zwischen dem 6. und 9. Juni wurden insgesamt 12'444 Personen zum Klima-Urteil befragt. Obwohl rund 12 Prozent der Befragten in dieser Frage unentschlossen waren, zeigte sich ein klares Bild.

Nur gerade 31 Prozent der Befragten beantworteten die Frage, ob sie das Urteil richtig fänden, mit «Ja» oder «Eher Ja». Dem gegenüber standen 56 Prozent, die das Urteil als falsch erachteten.

Ein noch grösserer Anteil (61 Prozent) ist der Meinung, der EGMR sei für ein solches Urteil gar nicht zuständig. Nur gerade 29 Prozent der Teilnehmenden sehen das anders.

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56 Prozent der Umfrageteilnehmenden finden das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschennrechte (EGMR) falsch.
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61 Prozent finden, der EGMR überschreite mit dem Urteil seine Kompetenzen.
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56 Prozent finden die bestehenden Klimaschutzmassnahmen ausreichend.

Ebenfalls findet eine Mehrheit, es brauche keine zusätzlichen Klimaschutzmassnahmen. 56 Prozent gaben an, die Schweiz solle das Urteil nicht umsetzen. Dem gegenüber standen 32 Prozent Ja-Stimmen. Die Umfrageergebnisse widerspiegeln damit sehr gut, wie die Politik mit dem Klima-Urteil umgeht.

Linke fordern mehr Klimaschutz, Bürgerliche verweisen auf die direkte Demokratie

Während die Linken sich durch das Urteil in ihrer Forderung nach mehr Klimaschutz bestätigt sahen, übten Bürgerliche heftige Kritik. Sie sahen die Kompetenzen des EGMR überschritten und die direkte Demokratie in der Schweiz zu wenig berücksichtigt.

Bei der Debatte im Ständerat setzten sich die bürgerlichen Kräfte dann auch durch. Letzte Woche hiess die kleine Kammer eine Erklärung gut, welche die Ablehnung des Urteils fordert.

Die Mehrheit des Ständerats will keine zusätzlichen Klimaschutzmassnahmen und ist der Ansicht: «Die Schweiz tut genug.» Heute Mittwoch befasst sich der Nationalrat mit dem Urteil.

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Der Ständerat befürwortete eine Erklärung zur Ablehnung des Klima-Urteils klar. - keystone

«Die Schweiz tut zu wenig gegen den Klimawandel, unter dessen gesundheitlichen Folgen ältere Menschen besonders leiden.» So lautete das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Menschenrechte Mitte April. Der EGMR hiess eine Klage des Vereins KlimaSeniorinnen Schweiz gut. Das Urteil sorgt seither für mächtig Wirbel in der Schweizer Politik.

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