Asylbewerber

KMUs in Chiasso TI ärgern sich über stehlende Asylbewerber

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Chiasso,

Chiasso TI beherbergt zu viele Asylsuchende, findet eine Stadträtin. Manche von ihnen stehlen – das zeigen Überwachungsvideos von örtlichen Firmen.

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Eine Überwachungskamera zeigt auf, wie ein Mann in Chiasso TI versucht, zu stehlen. - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • In Chiasso TI leben 600 Asylsuchende, was die Kleinstadt unter Druck setzt.
  • Das Gewerbe berichtet von Diebstählen, Bewohnende und die Polizei von Schlägereien.
  • Manche Asylbewerbende finden die Verärgerung berechtigt und teilen sie.

Die Tessiner Kleinstadt Chiasso macht seit geraumer Zeit Schlagzeilen: Sie ist die erste Anlaufstelle für Asylbewerbende aus Italien. Rechtspopulistische Parteien wie die Lega dei Ticinesi und die SVP reden von einem Asylchaos: Es gebe zu viele Asylsuchende für das kleine Chiasso mit 7000 Einwohnenden.

Ende Oktober sagte die ehemalige Stadträtin Roberta Pantani (Lega), in Chiasso lebe man gut. Auch der Stadtpräsident Bruno Arrigoni (FDP) beschwichtigte in den Medien. Stadträtin Sonia Colombo-Regazzoni (FDP) widerspricht nun in der «Rundschau».

Das lokale Gewerbe stehe unter Druck, sagt sie. Ein Kioskbesitzer berichtet, wie er vor einigen Wochen die Polizei anrufen musste, weil sich Asylbewerbende vor seinem Laden prügelten. Die Besitzerin einer zentralen Café-Bar zeigt ein Überwachungsvideo, in dem ein Mann versucht, aus der Kasse Geld zu stehlen.

Anzeige erstattet habe sie nicht. Ihre Begründung: «Das passiert täglich.»

Diebe werden zurück ins Asylzentrum gebracht

Die Polizei erwische meistens die Diebe, sagt die Sicherheitsvorsteherin Colombo-Regazzoni. Doch dann würden sie zurück ins Bundesasylzentrum gebracht und stünden später wieder auf der Strasse. Colombo-Regazzoni sagt auch, alte Leute hätten Angst, Nachts alleine rauszugehen. Manchen Frauen gehe es ebenso.

Auch das Stadtzentrum würde oft von Asylbewerbenden als Treffpunkt gebraucht. «Auf diesem Platz kann man nicht mehr sein», sagt die Stadträtin. Christian Musso, Vize-Kommandant der Gemeindepolizei Mendrisiotto, betont aber vor der Kamera, Chiasso sei sicher.

Notunterkunft in Chiasso ist «unwürdig»

Fast die Hälfte der Asylsuchenden wohnt in einer Notunterkunft, die in ein Asylzentrum umfunktioniert wurde, sagt Colombo-Regazzoni. Ursprünglich hätten die Menschen von dort aus in den Resten der Schweiz verteilt werden sollen, sagt sie. Das sei aber nicht passiert und seither lebten 250 Menschen in einem Haus. «Das ist unwürdig für die Schweiz», meint Colombo-Regazzoni.

Hat es in Ihrer Gemeinde eine Asylunterkunft?

Die Polizei muss aufgrund von Zwischenfällen im Zusammenhang mit Asylbewerbenden häufig ausrücken. Hauptsächlich gibt es Probleme in dieser Notunterkunft, so die Behörden. Familien werden gemeinsam mit anderen Personen in ein Zimmer gesteckt, die Ausstattung wäre renovationsbedürftig.

«Es ist gefährlich, zu verallgemeinern»

Auch unter den Asylsuchenden herrscht Frust über das Verhalten einiger anderer Bewohnenden der Unterkunft in Chiasso. Ein Asylsuchender aus Nigeria zum Beispiel ärgert sich: «Ich habe jemanden gesehen, der auf die Strasse gepinkelt hat. Das ist nicht richtig.»

Viele hätten aber auf ihrer Reise nach Europa Traumatisches erlebt, etwa in Libyen, was sie aggressiv mache. Trotzdem: Er findet das Verhalten mancher «respektlos». Ein anderer Mann, aus Kamerun geflüchtet, stimmt ihm zu: «Wer aus dem Ausland kommt, muss sich zu benehmen wissen, die Regeln befolgen.»

Geflüchtete Libyen Tunesien
Geflüchtete, die aus Libyen nach Tunesien gehen wollen, werden an der Grenze oft abgewiesen. - keystone

Ein anderer, auch aus Nigeria, meint: «Die Menschen von Chiasso sollten sich nicht über die Asylbewerber ärgern.» Man sollte mit ihnen schonend umgehen, fügt er hinzu.

Gianna Riva, Mitglied der pro-Asyl-Gruppe «Mendrisiotto Regione Aperta», hat Mitleid mit ihnen: «Sie können nichts tun den ganzen Tag und müssen strenge Regeln befolgen.» Riva sagt zudem, manche Politikerinnen und Politiker würden gezielt die «schlechten» Asylsuchenden an den Pranger stellen. «Es ist gefährlich und falsch, wenn wir verallgemeinern.»

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