Kriegsverbrechen: Prozess gegen einen liberianischen Kommandanten
Ein ehemaliger liberianischer Kommandant muss sich vor dem Bundesstrafgericht verantworten. Ihm wird Beteiligung an Kriegsverbrechen vorgeworfen.
Das Wichtigste in Kürze
- In Bellinzona beginnt heute ein Prozess gegen einen mutmasslichen Kriegsverbrecher.
- Alieu Kosiah (45) werden Verstösse gegen das Kriegsvölkerrecht in Liberia vorgeworfen.
- Er war ein Kommandant während des liberianischen Bürgerkriegs.
Vor dem Bundesstrafgericht begann am Donnerstag der Prozess gegen einen Mann, der Kriegsverbrechen begangen haben soll. Alieu Kosiah wird vorgeworfen, im ersten liberianischen Bürgerkrieg als Kommandant einer Rebellenmiliz gegen das Humanitäre Völkerrecht verstossen zu haben. Die Bundesanwaltschaft (BA) eröffnete ihre Untersuchung Ende August 2014.
Sieben Opfer hatten Strafanzeige gegen Kosiah eingereicht. Am darauffolgenden 10. November wurde dieser in Bern festgenommen. Dort lebte er bereits seit mehreren Jahren.
Die Untersuchungshaft wurde immer wieder verlängert. Nach der Erhebung der Anklage im März vergangenen Jahres wurde sie in eine Sicherheitshaft umgewandelt.
Kriegsverbrechen gegen Völkerrecht
Der heute 45 Jahre alte Kosiah muss sich wegen diverser Verstösse gegen das Kriegsvölkerrecht verantworten. Die in der Anklage erhobenen Vorwürfe beziehen sich auf die Zeit zwischen März 1993 und Ende 1995. Danals war Kosiah Kommandant der Rebellenmiliz Ulimo und soll in Kriegsverbrechen verwickelt gewesen sein.
So soll er die Tötung und Ermordung von Zivilisten und Soldaten ausserhalb des Gefechts angeordnet und selbst begangen haben. Das entspricht einem Kriegsverbrechen. In der Anklageschrift wird ihm ausserdem vorgeworfen, das Herz eines getöteten Zivilisten gegessen und eine Zivilistin vergewaltigt zu haben.
Die BA beschuldigt Kosiah zudem, die unmenschliche Behandlung von Zivilisten angeordnet haben. Zusätzlich soll er einen Kindersoldaten rekrutiert und eingesetzt haben. Zivilisten sollen zudem gezwungen worden sein, Güter und Munition zu transportieren.
Die BA führt in der Anklageschrift aus, wie Zivilisten von den Milizangehörigen malträtiert wurden. Der von Kosiah rekrutierte Kindersoldat folgte dem Kommandanten, weil er befürchtete, seine Schwester werde sonst vergewaltigt. Zusätzlich hatte er Angst, sein Bruder würde getötet oder er zum Lastentragen gezwungen.
Ursprünglich war der Prozess gegen Kosiah auf April angesetzt worden. Vorgesehen war, 14 Personen - Privatkläger und Zeugen - aus Liberia in die Schweiz einzufliegen. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Hauptverhandlung auf Mitte August verschoben.
Prozess aufgeteilt
Aufgrund verschiedener Schwierigkeiten entschied das Bundesstrafgericht, den Prozess aufzuteilen. Zunächst wird der Angeklagte befragt. Die Privatkläger und Zeugen sollen in einer zweiten Phase angehört werden. Je nach Situation, werden sie per Videoschaltung befragt oder in die Schweiz eingeladen.
Der von 1989 bis 1996 und von 1999 bis 2003 dauernde Bürgerkrieg in Liberia forderte rund 300'000 Todesopfer. Millionen Menschen wurden vertrieben. Land und Infrastruktur wurden damals fast gänzlich zerstört. Den beteiligten Personen werden grausame Tötungen, Gräueltaten, Verstümmelungen, Vergewaltigungen und Kannibalismus vorgeworfen.
Die Ulimo kämpfte im ersten Bürgerkrieg gegen die von Präsident Charles Taylor angeführte NPFL (National Patriotic Front of Liberia). Beide Seiten versuchten die Herrschaft über die Gebiete Lofa und Bomi zu gewinnen, und damit über die Diamantenminen.