Lehrer werden von Strasse abgedrängt und bedroht
In den Schweizer Schulen kommt es immer häufiger zu Gewalt im Klassenzimmer. Zwei Lehrer erzählen nun, was sie erlebt haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Einer Studie zufolge haben zwei von drei Lehrern in den letzten fünf Jahren Gewalt erlebt.
- Beispiele aus zwei Kantonen zeigen: Lehrer werden von Angehörigen beschimpft und bedroht.
- Ein Oberstufen-Lehrer wurde gar von einem Auto von der Strasse abgedrängt.
In der Deutschschweiz sind Lehrerinnen und Lehrer zunehmend Gewalt am Arbeitsplatz ausgesetzt. Zwei von drei Lehrpersonen haben laut einer Studie in den letzten fünf Jahren Beschimpfungen, Drohungen, Mobbing oder Handgreiflichkeiten erlebt. Wie diese Gewalt aussieht, zeigt eine Umfrage in mehreren Kantonen.
«Ich fühlte mich bedroht», erzählt etwa ein Lehrer aus dem Kanton Zürich gegenüber der «Basler Zeitung». Eine seiner Oberstufen-Schülerinnen stört den Unterricht, verstösst gegen Handy- und Kleiderregeln.
Als er sie massregelt, steht der Grossvater des Mädchens kurze Zeit später im Klassenzimmer und brüllt ihn an. «Was sind Sie nur für eine Person, meine Enkelin so zu drangsalieren!»
«Ich hatte Angst, dass er völlig ausrastet»
Doch dabei bleibt es nicht. Immer wieder ruft der Mann den Lehrer an, wirft ihm vor, auf die kurzen Hosen seiner Enkelin fixiert zu sein. Er droht ihm mit einer Anzeige wegen Stalking und Pädophilie und meint, er wolle ihn zu Hause besuchen, um ihn fertigzumachen.
«Ich hatte Angst, dass er nochmals in der Schule auftaucht und völlig ausrastet», sagt der Lehrer.
Angehörige drohen Lehrer mit gefährlichem Strassenmanöver
Ähnliche Szenen spielen sich demnach auch an einer Berner Schule ab. Eine Oberstufenschülerin hat über 100 Absenzen, zahlreiche ungenügende Noten. Die Mutter spricht von Mobbing. Der Lehrer versucht, zu schlichten – doch das geht nach hinten los.
Als er an einem Nachmittag auf dem Velo unterwegs ist, überholt ihn plötzlich ein gelbes Auto. Am Steuer: Ein Familienmitglied der Schülerin, das ihm den Mittelfinger zeigt.
In der nächsten Seitenstrasse wartet das Auto darauf, dass er vorbeifährt. Dann lenkt das Familienmitglied den Wagen zurück auf die Hauptstrasse, um ihn einmal mehr mit hohem Tempo zu überholen. Diesmal ist es so knapp, dass der Lehrer den Halt verliert und gegen den Randstein prallt. Einen Sturz kann er gerade noch verhindern.
Gewalt – zumindest psychische – gibt es an Schweizer Schulen also immer häufiger. Dass Schüler und Angehörige auch wirklich zuschlagen, ist selten, kommt aber auch vor. Zwei Beispiele: Ein 17-Jähriger, der in Luzern seine Lehrerin spitalreif schlug. Oder ein Oberstufen-Schüler, der in Möriken-Wildegg AG seiner Lehrerin den Kiefer brach.