«Liebe Frau …»: So reagieren Sie richtig auf eine falsche Anrede
Die richtige Anrede in E-Mails zu finden, ist seit dem Aufkommen des Genderns schwieriger geworden. Profis erklären, wie das einem doch noch gelingen kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Gendersensible Sprache wird in der geschäftlichen Kommunikation immer wichtiger.
- Insbesondere im E-Mail-Verkehr drohen Gender-Fettnäpfchen.
- Gender-Profis erklären bei Nau.ch, was Sie beachten müssen.
Wenn E-Mails plötzlich mit der falschen Anrede ins Postfach flattern. Davon kann Nau.ch-Redaktor Nicola Aerschmann (23) ein Liedchen singen.
Mit einer grossen Regelmässigkeit wird er in Antworten von Medienstellen mit «Frau Aerschmann» angesprochen. Das «A» am Schluss scheint zu orientieren. Und tatsächlich ist «Nicola» in manchen Regionen auch ein Frauenname.
Doch auch, wer einen eindeutigeren Namen trägt, ist gegen Misgendering nicht gefeit. So wurde auch der Autor dieses Artikels, der den Namen Riccardo trägt, schon des Öfteren mit «Frau Schmidlin» angesprochen.
Pronomen-Hinweis kann Abhilfe schaffen
Mirjam Gasser, Leiterin der Stadtzürcher Fachstelle für Gleichstellung, empfiehlt einen Hinweis via Signatur, um Missverständnisse vorzubeugen. «Wer im Antwort-E-Mail die bevorzugten Pronomen hinterlegt hat, sollte damit rechnen können, dass diese im nächsten E-Mail beachtet werden.»
Ansonsten könne man auch direkter werden. Ein Beispiel: «Meine Pronomen sind er/ihm; vielen Dank, dass Sie mich korrekt ansprechen.»
Zu einem Hinweis rät auch Sprachwissenschaftler Martin Luginbühl von der Universität Basel. Kommt es zu einer falschen Anrede, rät er, dass man hier vom Gegenüber aus denken sollte.
«Wenn ich jemanden falsch anschreibe, möchte ich es wissen, dass ich einen Fehler gemacht habe? Da hier die Antwort wohl bei den meisten ‹ja› wäre, heisst dies nun auch, dass man es ansprechen soll.»
Dabei gehe es nicht darum, das Gegenüber blosszustellen. Schliesslich könne ein solcher Fehler einfach passieren, «in aller Regel ohne böse Absicht».
«Was ich also mache, ist, nach der Antwort in einem PS noch kurz auf den Fehler hinweisen», sagt Luginbühl.
«Sehr geehrte Damen und Herren» hat ausgedient
Und was tun, wenn einem das Geschlecht des E-Mail-Gegenübers nicht bekannt ist? Dabei verweisen die Fachpersonen auf neutrale Möglichkeiten wie «Guten Tag Vorname Nachname», «Grüezi Vorname Nachname». Oder auch: «Liebe:r Vorname Nachname» und «Hallo Vorname».
Ausserdem rät Gasser zu folgendem Hinweis: «Wir freuen uns, wenn Sie uns mitteilen, welche Anrede Sie wünschen.»
Von der Standard-Anrede «sehr geehrte Damen und Herren» raten die Fachpersonen ab. «Die Anrede spricht nur zwei Geschlechter an und ist deshalb nicht inklusiv», so Gasser. Alternativen sind zum Beispiel «sehr geehrtes Team», «geschätzte Mitarbeitende» oder «liebe Interessierte».