Lieferdienste sind für Restaurants häufig kein rentabler Ersatz
In der Coronakrise versuchen sich viele Restaurants mit Essenslieferungen über Wasser zu halten. Doch damit wirklich Geld zu verdienen, ist schwierig.
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz der künftigen Lockerungen, ist für Restaurants noch unklar, wann sie öffnen dürfen.
- Plattformen für Essenslieferungen erleben derzeit einen Boom.
- Der Lieferdienst ist jedoch nicht für jedes Restaurant eine rentable Lösung.
Obwohl der Bundesrat vergangenen Donnerstag erste Lockerungen seiner Massnahmen angekündigt hat, bleibt für Restaurants weiterhin ungewiss, wann sie wieder öffnen dürfen. Einige versuchen deshalb, Umsatzausfälle mit Essenslieferungen zu kompensieren. Plattformen dafür gibt es in der Schweiz diverse. Und diese erleben derzeit teilweise einen regelrechten Boom.
Dass sich viele Betriebe seit Beginn der Massnahmen gegen Corona für den Einstieg ins Lieferbusiness entscheiden, ist laut Julian Graf vom Gastroverband Cafetiersuisse nicht verwunderlich: «Im Augenblick sind die geöffneten Gastronomiebetriebe auf jeden möglichen Vertriebsweg angewiesen.»
Finanziell kaum lohnenswert
Für Restaurants, die nicht sowieso auf dieses Modell ausgerichtet sind, ist das Liefergeschäft jedoch in vielen Fällen eine schlechte Alternative zum normalen Betrieb. «Es ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein», sagt etwa Stephan von Matt, der mit seinen Zürcher Restaurants «Brisket», «The Bite», «Yard Bird» und «La Brea» seit einem Monat bei Uber Eats dabei ist.
«Mit den Restaurants, bei denen das Delivery-Konzept am besten läuft, generieren wir vielleicht 20 bis 30 Prozent des üblichen Umsatzes», so der Geschäftsführer. Die hohen Mieten und die Personalkosten liessen sich damit allerdings niemals decken.
Das bestätigt auch Reto Frei, Geschäftsführer der Tibits-Restaurantkette, die seit neuestem auch über Eat.ch Bestellungen entgegen nimmt. «Auf den Delivery Plattformen rentabel zu sein, ist sehr schwierig, da die Anzahl Bestellungen überschaubar und die Vorhersehbarkeit der Lieferungen sehr schwierig ist.»
Ob ein Restaurant mit Lieferungen Erfolg hat, hängt gemäss Cafetiersuisse-Vertreter Julian Graf von der Art des Betriebs, von der Gästestruktur und von der Lage ab. «Für Betriebe, die in Gewerbe- oder Bürogebieten liegen, wo der typische Kunde - der Büroangestellte, der in der Nachbarschaft arbeitet - derzeit wegbleibt, lohnt sich häufig auch das Liefergeschäft nicht.» Sieht ein Geschäftsmodell vor, dass mit vielen kleinen Verkäufen der nötige Umsatz erzielt wird, wie es beispielsweise bei Cafés der Fall ist, rentiere es ebenfalls kaum. Zudem wäre dies auch logistisch kaum zu schaffen.
Restaurants wiederum, die für Lieferservices geeignete Gerichte anbieten und bei vielen Stammgästen bekannt sind, könnten mit Bestelldiensten durchaus gute Erfahrungen machen, hält Graf fest.
Marketinggedanke spielt mit
Bei der Entscheidung, mit seinen Restaurants ins Liefergeschäft einzusteigen, habe jedoch nicht nur der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle gespielt, sagt der Zürcher Gastronom Stephan von Matt. Es sei auch wichtig zu zeigen, dass man nicht einfach so von der Bildfläche verschwunden sei. Ausserdem könnten die Abläufe auf diese Weise weiter aufrechterhalten und ein geringer Teil der Mitarbeitenden im Restaurant beschäftigt werden.
Julian Graf bestätigt, dass das «Im-Gespräch-bleiben» ein wichtiger Faktor sei bei der Entscheidung, Gerichte zu liefern. «Aber auch das ist nur mit einer gewissen Wirtschaftlichkeit vorstellbar: Die Gastronomie kann es sich nicht leisten draufzuzahlen, nur um im Gespräch zu bleiben.» Deshalb sei es für jeden Betrieb wichtig, erst sehr genau zu evaluieren, ob der Einstieg ins Liefergeschäft der richtige Weg sei.