«Macht keinen Sinn»: Kanton Bern pfeift auf Impfoffensive
Der Bundesrat will, dass die Kantone mit Beratungen mehr Leute von der Impfung überzeugen. Viele Kantone, allen voran Bern, denken aber nicht einmal daran.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will mit persönlichen Beratungsgesprächen Leute von der Impfung überzeugen.
- Die Idee findet bei den Kantonen keine Zustimmung, Bern hält sie gar für absolut sinnlos.
- Stattdessen wollen die meisten Kantone lieber mit ihrer bisherigen Strategie weiterfahren.
Mit einer letzten Impfoffensive will der Bundesrat die Schweiz aus der Pandemie heraushieven. Das seit gestern neu definierte Ziel: 93 Prozent der über 65-Jährigen und 80 der 18 bis 65-Jährigen sollen geimpft sein, damit die Massnahmen fallen können.
Knapp eine Million Schweizer müssen sich dafür aber zuerst noch impfen. Erreichen will der Bundesrat dies mit einer nationalen Impfwoche, zusätzlichen Impfbussen sowie Beratungsgesprächen mit Ungeimpften durch Fachpersonal.
Bern erteilt Bundes-Strategie klare Absage
Doch ausgerechnet beim letzten Punkt blieb die Regierung vage. Denn der Bund erwartet von den Kantonen, dass sie ihre Ungeimpften selber umstimmen. Wie sie das umsetzen, bleibt offen. Ganz nach dem Motto: «Wir bezahlen, ihr macht.»
Das kommt bei den Kantonen gar nicht gut an. Ausgerechnet Bern erteilt dem Vorhaben aus dem Bundeshaus gar direkt eine Absage: «Im Kanton Bern ist die Rekrutierung von Beratungspersonen nicht vorgesehen. Wir halten diese Massnahme nicht für zielführend», kanzelt Naomi Brunner von der Gesundheitsdirektion Bern Bersets Vorschlag ab.
«Keinen Sinn, Ungeschulte auf Bevölkerung loszulassen»
Kompetente Personen aus dem Gesundheitsbereich wie Ärzte oder Apotheker würden bereits alles Mögliche unternehmen, um Leute zum Impfen zu bewegen. «Wir sehen keinen Sinn, medizinisch nicht geschultes Personal zu rekrutieren, ihnen einen Crashkurs zu geben, wieso die Impfung sinnvoll ist und diese dann auf die Bevölkerung loszulassen.»
Eine solche Massnahme würde bei der ungeimpften Bevölkerung eher auf Gegenwehr stossen und habe ganz sicher keinen positiven Effekt. Stattdessen will Bern von seiner aktuellen Impfstrategie trotz Bundesbefehl nicht abweichen. «Wir haben unzählige stationäre Impfangebote, dazu sind ein Impftruck und weitere mobile Teams in Gemeinden und Schulen unterwegs», sagt Brunner.
«Täglich lassen sich noch etwa 1000-1500 Personen das erste Mal impfen. Es ist aber absolut nicht prognostizierbar, wie lange dieser Trend noch anhält.» Man spüre, dass die Nachfrage nach Impfungen nachlasse. Die gegenwärtige Impfkadenz könne nur mit immer mehr Effort aufrechterhalten werden.
Auch Zürich hat wenig Lust
Momentan haben 71.5 Prozent der impffähigen Berner mindestens eine Impfung erhalten. Eine ähnliche Zahl kommuniziert Zürich, wo derzeit 77 Prozent aller Personen ab 12 Jahren mindestens einmal geimpft sind.
Vom Ufer der Limmat tönt es etwas leiser, aber grundsätzlich teilt auch Zürich die Haltung von Bern. Man wolle prüfen, inwiefern sich Zürich über das eigene Engagement hinaus an der nationalen Impfoffensive beteiligen wolle. «Die konkrete Umsetzung allfälliger Massnahmen insbesondere zur Nationalen Impfwoche bedarf einer Absprache», gibt sich die Gesundheitsdirektion zurückhaltend.
Auch Basel-Stadt hält das Impfziel des Bundesrats für «sehr ambitioniert», schreibt Sprecherin Anne Tschudin. Grundsätzlich begrüsst man am Dreiländereck aber die Impf-Offensive. Man wolle darum versuchen, nochmals alle Möglichkeiten auszuschöpfen und Anstrengungen zu unternehmen, um die Impfquote zu erhöhen. Den Vorschlag des Bundesrats zu den Impfgesprächen wolle man aber auch erst prüfen, bevor man sich an die Umsetzung macht.