Männer profitieren mehr von Staatsausgaben als Frauen
Studien zeigen: Frauen profitieren weniger von öffentlichen Geldern. Trotzdem gibt es in der Schweiz kaum Bestrebungen für eine fairere Verteilung.
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Das Wichtigste in Kürze
- Studien zeigen, dass Frauen oft weniger von öffentlichen Geldern profitieren.
- In anderen Ländern hat Gender-Budgeting bereits konkrete Erfolge erzielt.
- Expertinnen fordern, dass die Schweiz in Sachen Gender-Budgeting vorwärts macht.
Im Dezember diskutierte das Schweizer Parlament das Budget 2025 – jedoch nicht dessen Einfluss auf die Gleichstellung der Geschlechter.
Dabei spielt Gender-Budgeting eine entscheidende Rolle: Es untersucht Staatsausgaben aus einer geschlechterspezifischen Perspektive, um eine gerechtere Verteilung sicherzustellen.
Viele Ausgaben auf männliche Bedürfnisse ausgerichtet
Wie die Ökonomin Katharina Mader gegenüber dem «Beobachter» erklärt, wird der Staatshaushalt dabei als Hebel für Gleichstellung betrachtet.
Man «sucht nach Missständen bei der Verteilung der Mittel und lenkt sie so, dass sie für Geschlechtergerechtigkeit sorgen».
Studien von OECD, UN Women und anderen zeigen, dass Frauen oft weniger von öffentlichen Geldern profitieren. Viele Ausgaben sind auf männliche Bedürfnisse ausgerichtet.
Frauen benötigen beispielsweise spezielle Gesundheitsleistungen oder eine bessere Altersvorsorge, da sie den Grossteil der unbezahlten Care-Arbeit übernehmen.
Initiativen in Rennes, Bordeaux und Freiburg
In anderen Ländern zeigt Gender-Budgeting konkrete Ergebnisse. Rennes gestaltete Schulhöfe um. Bordeaux reservierte Skateparks zu bestimmten Zeiten für Frauen. Freiburg im Breisgau erweiterte sein Bibliothekssortiment für Jungen.
Auch Verkehr und Sicherheit werden dabei berücksichtigt: Frauen legen mehr Wert auf gute Beleuchtung und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum.
Andalusien konnte durch Gender-Budgeting die Erwerbstätigkeit von Frauen steigern und mehr Hilfsprojekte für Opfer häuslicher Gewalt bieten. Dies zeigt ein Bericht des Internationalen Währungsfonds.
Das Konzept entstand in den 1980er-Jahren in Australien. Heute wird es von 23 der 38 OECD-Staaten genutzt, darunter Belgien, Schweden und Frankreich.
Anfängliche Bestrebungen verliefen im Sande
In der Schweiz existieren dagegen kaum Bestrebungen in diese Richtung, wie der «Beobachter» feststellt.
Zwar gab es vor 20 Jahren Initiativen in Zürich und Basel, doch sie verliefen im Sande. Eine Ausnahme ist Luzern, das 2024 seine Staatsausgaben analysierte.
Die Ergebnisse zeigen eine ausgeglichene Verteilung der Mittel zwischen Männern und Frauen.
Doch Mader betont: «Luzern hat das Geld weder bewusst verteilt noch gezielt für Gleichstellung eingesetzt.»
Die Gleichverteilung resultiere eher daraus, dass Frauen mehr Pflege- und Zusatzleistungen erhalten, weil sie niedrigere Renten haben und länger leben.
Arbeit beginnt nach der Analyse
SP-Stadtparlamentarierin Regula Müller fordert daher, dass Gender-Budgeting in Luzern weiterentwickelt wird.
Sie und ihre Kolleginnen haben bereits einen neuen Vorstoss eingereicht, der regelmässige Analysen und konkrete Massnahmen verlangt.
Laut Mader beginnt die eigentliche Arbeit erst nach der Analyse: Es müssten Gleichstellungsziele definiert und Gelder gezielt eingesetzt werden. Etwa für Kitas, Vaterschaftsurlaub oder Finanzbildungsprogramme für Frauen.