Maudet schickt Rücktrittsschreiben an Regierungskollegen

Wie vor einer Woche angekündigt, hat der entmachtete Genfer Staatsrat Pierre Maudet seinen Rücktritt offiziell für März 2021 eingereicht. Seinen von Hand geschriebenen Brief hat er am Mittwoch an die Gesamtregierung geschickt.

Der kurze Brief, datiert vom 1. November, wurde am Donnerstag auf der Webseite der Zeitung «Le Courrier» veröffentlicht. Er beginnt mit dem folgenden Satz: «Liebe Kollegen, es wird euch nicht entgangen sein, dass eure kürzliche Entscheidung, den Unterzeichnenden von seinen departementalen Kompetenzbereichen zu entfernen, mir nicht nur unangemessen, sondern überdies auch verfassungswidrig erschien.» Das ganze Schreiben hat Maudet auf seiner Webseite veröffentlicht.

Der angeschlagene Staatsrat hatte am Donnerstag vergangener Woche seinen Rücktritt bekanntgegeben. Gleichzeitig kündigte der frühere FDP-Regierungsrat an, als Unabhängiger für seine eigene Nachfolge kandidieren zu wollen. Begründet hatte Maudet seine Demission mit dem Entscheid seiner Regierungskollegen, die ihm am Vortag provisorisch seinen letzten Verantwortungsbereich entzogen hatten.

Grund für die weitere Entmachtung des umstrittenen Staatsrates war ein externer Zwischenbericht. Dieser war zum Schluss gekommen, dass es in seinem Departement für Wirtschaftsförderung Organisations- und Führungsmängel sowie zwischenmenschliche Probleme gegeben hat. Maudet dementierte dies und sprach von einer politischen Intrige.

Es ist nun Sache der Genfer Regierung, einen Termin für die Ersatzwahl festzulegen. Laut Maudet ist sie für März 2021 geplant. Bis dahin beabsichtigt er, auch ohne Departement im Amt zu bleiben.

Anfang dieser Woche hatte die Genfer Staatsanwaltschaft angekündigt, dass ein Genfer Polizeigericht über Maudet und vier Mitangeklagte urteilen werde. Der Prozesstermin ist noch nicht bekannt.

Angeklagt sind neben dem Regierungsrat dessen ehemaliger Stabschef, zwei Unternehmer und ein Staatsangestellter. Maudet muss sich wegen Vorteilsannahme im Zusammenhang mit einer Reise nach Abu Dhabi im Jahr 2015 verantworten.

Die beiden mitangeklagten Geschäftsleute aus dem Immobiliensektor hatten die Reise für ihn organisiert. An dieser nahmen auch die Familie und der Stabschef teil. Die Kosten von mehreren Zehntausend Franken übernahm der Kronprinz des Emirats, Zayed Al Nahyan.