Migräne: Für Opfer ist der Frühling die schlimmste Jahreszeit
Maria A.* hat regelmässig Migräne. Der Frühling verstärkt ihre Leiden enorm, sagt sie. Damit ist sie laut Kopfschmerzexpertin nicht allein.
Das Wichtigste in Kürze
- Maria A.* ist Migräne-Patientin. Im Frühling, sagt sie, häufen sich die Anfälle.
- Kopfschmerzexpertin Dr. Michaela Sieger-Tonder erklärt, was dahintersteckt.
- Und welche Rolle der Klimawandel spielt.
«Feuchtkalte Hände, Schweissausbrüche am ganzen Körper, pulsierende Schläfen. Gefolgt von starken Kopfschmerzen, die zu Schwindel, verschwommenem Sehen und Übelkeit führen.» So beschreibt Maria A.* die Migräneanfälle, an denen sie seit ihrem 15. Lebensjahr leidet.
«Ich habe grössenteils gelernt, damit umzugehen», sagt die 28-Jährige gegenüber Nau.ch. Sie wirft bei ersten Symptomen sofort Schmerzmittel ein und versucht, sich von Stressfaktoren zu befreien.
Wenn möglich, legt sie sich in einem dunklen Zimmer schlafen. «Aber im Moment kriege ich an mehr Tagen Kopfschmerzen als nicht – sogar bei der Arbeit oder im Schlaf.»
Schuld gibt sie der Jahreszeit. Die drastischeren Wetter-, Temperatur- und Druckänderungen, die heutzutage im Frühling auftreten, würden ihre Leiden verstärken. «Dinge, die, meinem Eindruck nach, durch den Klimawandel immer schlimmer geworden sind», sagt sie.
Veränderung des Luftdrucks für viele «Trigger»
Maria A.* hat nicht Unrecht: «Das Klima kann einen Einfluss auf die Häufigkeit und die Intensität von Migränen haben», bestätigt Michaela Sieger-Tonder vom Kopfwehzentrum Hirslanden. Zwar gebe es hierzu widersprüchliche Daten.
Aber die Kopfschmerzexpertin ist überzeugt, dass bei manchen Patienten Kopfschmerzen durch die Veränderungen des Luftdrucks ausgelöst werden. «Vor allem, wenn er von hoch auf niedrig fällt.»
Dies trifft laut Sieger-Tonder auf etwa 20 Prozent ihrer Patienten zu. «Aber: Keiner hat nur einen ‹Trigger›», betont sie. Patienten geben Wetterwechsel als einen der häufigsten Auslöser für ihre Migränen an – neben Stress, Schlafmangel und Emotionen.
Gerade der Wechsel von Winter auf Frühling stellt für viele eine herausfordernde Zeit dar, unabhängig von ihren individuellen Triggern. «Neben drastischen Temperaturänderungen spielen für einige Patienten auch Allergien, die Zeitumstellung und die Anzahl der Tageslichtstunden eine grosse Rolle.» Und diese ohnehin schon schwierige Anpassungsphase könnte durch den Klimawandel in der Tat noch schwieriger werden.
«Hitzewellen, heftige Regenfälle, Stürme – diese Dinge machen alle etwas mit uns», sagt Sieger-Tonder. «Aber wir können das Wetter nicht beeinflussen. Wir sind gezwungen, uns mit seinen Auswirkungen auf uns auseinanderzusetzen.» Auch mit der psychischen Belastung des Klimawandels – wie die Angst vor Naturkatastrophen und zukünftigen sozialen Konflikten.
Bekannte Auslöser für Migräne
Um Migräneanfällen vorzubeugen, empfiehlt die Expertin, bekannte Auslöser wie Anspannung, Schlafmangel und Alkohol so gut wie möglich zu vermeiden. Hat man dennoch das Gefühl, dass eine Migräne sehr wahrscheinlich bevorsteht, könne man gelegentlich auch vorbeugend Schmerzmittel einnehmen.
«Aber man muss dabei vorsichtig sein», warnt Sieger-Tonder. «Übermässiger Konsum kann zu medikamenteninduzierten Kopfschmerzen führen.»
Es dürften nicht an mehr als zehn Tagen im Monat Schmerztabletten eingenommen werden. Grund dafür sei, dass sich die Schmerzschwelle verschiebe. Dadurch würden Menschen Dinge als schmerzhaft empfinden, die sie früher nicht so gestört hätten.
Sie könnten das Gefühl haben, dass sie regelmässigere und schlimmere Kopfschmerzen bekommen, was zu einem Tabletteneinnahme-Teufelskreis führe. «In solchen Fällen ist der Schmerzmittelentzug und der Beginn der richtigen Prophylaxe die einzige Lösung,» sagt Sieger-Tonder.
*Name von der Redaktion geändert.